
Zwangsvollstreckung im EU-Ausland
Europäische Vollstreckungstitel
Zwangsvollstreckung aus dem deutschen Schuldtitel
Die nachfolgenden Ausführungen sollen lediglich einen Überblick vermitteln und erfolgen unverbindlich und ohne Gewähr.
Die zu beachtenden in- und ausländischen Rechtsgrundlagen und internationalen Vorschriften sind zum Teil ständigen Änderungen unterworfen.
Daher kann keine Gewähr für die Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit der nachstehenden Angaben übernommen werden.
Inhaltsverzeichnis:
Brüssel Ia-Verordnung (Brüssel Ia-VO)
EU-Verordnung Nr. 1215/2012 (EuGVVO)
Muss ich für die Zwangsvollstreckung aus der deutschen Entscheidung/dem deutschen Vergleich zuvor das Vollstreckbarerklärungsverfahren in dem anderen EU-Mitgliedstaat durchführen?
Nein.
Nach der Brüssel Ia-Verordnung (EuGVVO) benötigt die Gläubigerpartei für die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung aus einem vollstreckbaren deutschen Schuldtitel lediglich eine gerichtliche Bescheinigung.
Das Vollstreckbarerklärungsverfahren ist für Schuldtitel, die in den Anwendungs-bereich der EU-Verordnung Nr. 1215/2012 fallen, abgeschafft worden.
Kann ich aus dem deutschen Schuldtitel unmittelbar die Zwangsvollstreckung in dem anderen Mitgliedstaat betreiben?
Ja.
Die Brüssel Ia-Verordnung (EuGVVO) ermöglicht die direkte Vollstreckung in einem EU-Mitgliedstaat.
Die EU-Verordnung Nr. 1215/2012 schafft in den EU-Mitgliedstaaten das Vollstreckbarerklärungsverfahren ab.
Damit entfällt das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung, das bislang der Vollstreckung aus deutschen Vollstreckungstiteln vorgeschaltet war.
Die Gläubigerpartei kann sich daher in dem anderen EU-Mitgliedstaat, in dem aus dem deutschen Schuldtitel vollstreckt werden soll, direkt an das Vollstreckungsorgan wenden.
Soll z. B. aus einem deutschen Schuldtitel in den Niederlanden vollstreckt werden, so kann die Gläubigerpartei sich direkt an den Gerichtsvollzieher in den Niederlanden wenden.
Ein deutscher Schuldtitel ist in den anderen EU-Mitgliedstaaten zu vollstrecken wie eine nationale Entscheidung, Art. 39, (58 I S. 3, 59) EuGVVO.
Weder die Entscheidung noch die gerichtliche Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO) dürfen im Vollstreckungsmitgliedstaat in der Sache selbst nachgeprüft werden, vergl. Art. 52, (58 I S. 3, 59) EuGVVO.
Wie ist der sachliche Anwendungsbereich der Brüssel Ia-Verordnung?
Die EU-Verordnung Nr. 1215/2012 ist in grenzüberschreitenden Zivil- und Handelssachen einschl. Arbeitsgerichtssachen anzuwenden.
Sie findet jedoch u. a. keine Anwendung auf
- Erbrechtssachen,
- Unterhaltssachen,
- vermögensrechtliche Streitigkeiten zwischen Eheleuten während der Ehe oder nach Trennung oder Scheidung,
- Zollsachen.
Wie ist der zeitliche Anwendungsbereich der Brüssel Ia-Verordnung im Verhältnis zu Deutschland?
Welcher Zeitpunkt ist herbei maßgebend?
In welchen Fällen kann eine Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO) erteilt werden?
Im Verhältnis zu Deutschland findet die EU-Verordnung Nr. 1215/2012 Anwendung ab 10.01.2015, Art. 66 I EuGVVO.
Für gerichtliche Entscheidungen ist
- der Zeitpunkt der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens (Klageerhebung/Antragstellung bzw. Beantragung des Mahnbescheids)
maßgebend.
Für gerichtliche Vergleiche ist dagegen
- der Zeitpunkt der Errichtung des Vergleichs oder des gerichtlichen Beschlusses aufgrund schriftlichen Vergleichsvorschlags der Verfahrensbeteiligten
maßgebend.
Soweit das gerichtliche Verfahren nach dem 09.01.2015 eingeleitet worden ist (Klageerhebung/Antragstellung bzw. Beantragung des Mahnbescheids;
das Eingangsdatum bei Gericht ist hierbei maßgebend), kann das Gericht eine Bescheinigung im Sinne des Art. 53 EuGVVO zu der gerichtlichen Entscheidung erteilen.
Soweit der Vergleich nach dem 09.01.2015 geschlossen worden ist oder der gerichtliche Beschluss aufgrund eines schriftlichen Vergleichsvorschlags nach dem 09.01.2015 ergangen ist, kann das Gericht eine Bescheinigung im Sinne des Art. 60 EuGVVO zu dem Vergleich erteilen.
Die Vorschriften der Art. 66 I, 81 EuGVVO sind dahingehend auszulegen, dass aus dem deutschen Schuldtitel nur dann unmittelbar im Vollstreckungsmitgliedstaat vollstreckt werden kann, falls der Schuldtitel sowohl im Ursprungsmitgliedstaat (Deutschland) als auch im Vollstreckungsmitgliedstaat im Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 1215/2012 fällt.
Wie ist der zeitliche Anwendungsbereich der Brüssel Ia-Verordnung im Verhältnis zum Vollstreckungsmitgliedstaat?
In zeitlicher Hinsicht gilt die EU-Verordnung Nr. 1215/2012 ab 10.01.2015 oder dem späteren Zeitpunkt des EU-Beitritts, Art. 66 I EuGVVO.
Nach dem Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Dänemark vom 16.11.2005 findet die Brüssel Ia-Verordnung im Verhältnis zu
- Dänemark
ab 10.01.2015 Anwendung.
Im Verhältnis zu künftigen EU-Mitgliedstaaten, deren EU-Beitritt erst nach Inkrafttreten der vorgenannten Verordnung erfolgt, gilt die EU-Verordnung Nr. 1215/2012 im Regelfall erst mit dem Zeitpunkt des EU-Beitritts.
Den genauen Zeitpunkt der Errichtung des Vergleichs oder der Verfahrenseinleitung hinsichtlich der gerichtlichen Entscheidung, aus dem/der mit der gerichtlichen Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO) im Vollstreckungsmitgliedstaat unmittelbar vollstreckt werden kann, entnehmen Sie bitte der anl. Übersicht:
Vollstreckungsmitgliedstaat (EU-Mitgliedstaat, in dem die Zwangsvollstreckung betrieben werden soll): |
zeitlicher Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 1215/2012 für den deutschen Schuldtitel: |
---|---|
Belgien | ab 10. 01. 2015 |
Bulgarien |
ab 10. 01. 2015 |
Dänemark | ab 10. 01. 2015 |
Estland | ab 10. 01. 2015 |
Finnland | ab 10. 01. 2015 |
Frankreich | ab 10. 01. 2015 |
Griechenland | ab 10. 01. 2015 |
Irland | ab 10. 01. 2015 |
Italien | ab 10. 01. 2015 |
Kroatien | ab 10. 01. 2015 |
Lettland | ab 10. 01. 2015 |
Litauen | ab 10. 01. 2015 |
Luxemburg | ab 10. 01. 2015 |
Malta | ab 10. 01. 2015 |
Niederlande | ab 10. 01. 2015 |
Österreich | ab 10. 01. 2015 |
Polen | ab 10. 01. 2015 |
Portugal | ab 10. 01. 2015 |
Rumänien | ab 10. 01. 2015 |
Schweden | ab 10. 01. 2015 |
Slowakei | ab 10. 01. 2015 |
Slowenien | ab 10. 01. 2015 |
Spanien | ab 10. 01. 2015 |
Tschechische Republik | ab 10. 01. 2015 |
Ungarn | ab 10. 01. 2015 |
Vereinigtes Königreich | 10. 01. 2015 bis 31.12.2020 |
Zypern | ab 10. 01. 2015 |
Deutsche Entscheidungen aus den ab 01.01.2021 neu eingeleiteten Verfahren können aufgrund des Brexit nicht mehr mit dem Formblatt I EuGVVO unmittelbar im Vereinigten Königreich vollstreckt werden.
Dies gilt auch für deutsche Vergleiche, die nach dem 31.12.2020 geschlossen wurden (keine unmittelbare Vollstreckung im Vereinigten Königreich mit dem Formblatt II EuGVVO!).
In welchen Fällen kann eine gerichtliche Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO) nicht erteilt werden?
Soweit das gerichtliche Verfahren vor dem 10.01.2015 eingeleitet worden ist, kann eine Bescheinigung im Sinne des Art. 53 EuGVVO zu der gerichtlichen Entscheidung nicht erteilt werden, auch wenn die Entscheidung nach dem 09.01.2015 ergangen ist.
Stattdessen ist in diesen Fällen auf Antrag der Gläubigerpartei eine Bescheinigung gem. Art. 54 EU-Verordnung Nr. 44/2001 zu erteilen bzw. ggfs. gem. Art. 9 EuVTVO (EU-Verordnung Nr. 805/2004) der Schuldtitel als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen zu bestätigen,
Art. 66 II EuGVVO i. V. m. Art. 27 EuVTVO.
Soweit der Vergleich vor dem 10.01.2015 geschlossen worden ist oder der gerichtliche Beschluss aufgrund eines schriftlichen Vergleichsvorschlags vor dem 09.01.2015 ergangen ist, kann das Gericht eine Bescheinigung im Sinne des Art. 60 EuGVVO zu dem Vergleich ebenfalls nicht erteilen.
Stattdessen ist in diesen Fällen auf Antrag der Gläubigerpartei eine Bescheinigung gem. Art. 58 EU-Verordnung Nr. 44/2001 zu erteilen bzw. ggfs. gem. Art. 24 I EuVTVO (EU-Verordnung Nr. 805/2004) der Schuldtitel als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen zu bestätigen, Art. 66 II EuGVVO i. V. m. Art. 27 EuVTVO.
Kann ein Schuldtitel über eine unbestrittene Forderung als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden
Habe ich als Gläubigerpartei ein Wahlrecht?
Handelt es sich hierbei um einen Schuldtitel über eine unbestrittene Forderung, hat die Gläubigerpartei die Wahl zwischen
- der gerichtlichen Bestätigung des Schuldtitels als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen nach der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 805/2004 (EuVTVO))
und
- der Erteilung einer gerichtlichen Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO).
Wie kann ich die Zwangsvollstreckung betreiben, wenn die Brüssel Ia-Verordnung keine Anwendung findet?
Wie erfolgt die Zwangsvollstreckung in den Altfällen?
In den Altfällen bedarf es dagegen noch der Durchführung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach der Brüssel I-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 44/2001 (VO (EU) Nr. 44/2001), soweit der Schuldtitel nicht zuvor als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt worden ist.
Bei unbestrittenen Geldforderungen hat die Gläubigerpartei in Altfällen die Wahl zwischen
- der gerichtlichen Bestätigung des Schuldtitels als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen nach der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 805/2004 (EuVTVO))
und
- der Erteilung einer Bescheinigung (Formblatts V VO (EU) Nr. 44/2001).
Nach der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 805/2004) kann aus einem deutschen Schuldtitel, der als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist, direkt die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat betrieben werden;der Durchführung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens bedarf es insoweit nicht.
Wie und von wem erhalte ich die gerichtliche Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO)?
Die Erteilung einer Bescheinigung bedarf eines Antrags;
der Antrag kann jederzeit an das Gericht, das den Schuldtitel erlassen hat, gestellt werden.
Dieser kann sogar bereits in dem verfahrenseinleitenden Schriftstück (Antragsschrift, Klageschrift, Kostenfestsetzungsantrag) gestellt werden.
Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 13 RpflG.
Die Erteilung der Bescheinigung i. S. d. Art. 53 (60) EuGVVO, § 1110 ZPO erfolgt durch den Rechtspfleger, § 20 Zi. 11 RpflG.
Das Formblatt I bzw. II EuGVVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.
Die gerichtliche Bescheinigung wird zweckmäßigerweise mit dem Schuldtitel verbunden.
Sofern und soweit eine Verbindung untunlich ist (gleichzeitige Zwangsvollstreckung in Deutschland und im Vollstreckungsmitgliedstaat) unterbleibt diese.
Art. 57 II EuGVVO sieht in Hinblick auf das EU-einheitliche Formblatt die Amtssprache des Ursprungsmitgliedstaats vor.
Dennoch ist die Auswahl der Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats sinnvoll und hilfreich, da dem Gerichtsvollzieher oftmals die europäischen Formulare nicht geläufig sind bzw. unbekannt sind.
Warum soll die gerichtliche Bescheinigung mit der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels verbunden werden?
Die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels dient als Nachweis des Bestehens der titulierten Forderung.
Zahlungen bzw. Teilzahlungen werden vom Gerichtsvollzieher auf dem vollstreckbaren Schuldtitel vermerkt, § 757 I, (794 I, 795) ZPO.
Welche Voraussetzungen müssen für die Erteilung der gerichtlichen Bescheinigung erfüllt sein?
Für die Erteilung einer Bescheinigung müssen u. a. folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
-
Der Schuldtitel muss in Deutschland vollstreckbar sein
(Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Vollstreckungsklausel zum Schuldtitel müssen vorliegen.).
- Der Schuldtitel muss in den Anwendungsbereich der Brüssel Ia-Verordnung (EuGVVO) fallen.
Wann fällt der Schuldtitel in den Anwendungsbereich der Brüssel Ia-Verordnung?
Der Schuldtitel fällt in den Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 1215/2012, falls
-
es sich hierbei um einen Schuldtitel im Sinne des
Art. 2 EuGVVO handelt,
- in diesem Ansprüche im Sinne des Art. 1 EuGVVO tituliert worden sind
und
- der Schuldtitel in den zeitlichen Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 1215/2012 fällt.
Die Entscheidung ist nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar und noch nicht rechtskräftig.
Benötige ich für die gerichtliche Bescheinigung (Formblatt I EuGVVO) ebenfalls einen Urkundennachweis über die Sicherheitsleistung bzw. eine Rechtskraftbescheinigung?
Ja,
obwohl nach den deutschen Prozessvorschriften für die Erteilung einer Vollstreckungsklausel (§§ 726 II, 756, 765, (794 I, 795) ZPO) die Gläubigerpartei den Nachweis erst gegenüber dem Vollstreckungsorgan vorlegen muss.
Ob ein Urkundennachweis benötigt wird, hängt letztlich von der Auslegung der Vorschriften der Brüssel Ia-Verordnung durch das Gericht ab.
Die EU-Verordnung Nr. 1215/2012 enthält diesbezüglich keine ausdrückliche Regelung.
Deutsche Gerichte erteilen die Bescheinigung im Regelfall erst nach Vorlage des Nachweises der Sicherheitsleistung oder des Rechtskraftzeugnisses, da das Formblatt I EuGVVO eine bedingungslose Vollstreckbarkeit vorsieht, vergl. Ziffer 4.4 des Formblatts.
Sofern und soweit im Einzelfall die vorgenannte Bescheinigung ohne Urkundennachweis erteilt wird, ist die Sicherheitsleistung im Formblatt besonders zu vermerken, damit diese im Vollstreckungsmitgliedstaat berücksichtigt werden kann.
Benötige ich für die gerichtliche Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO) einen Urkundennachweis über den Bedingungseintritt i. S. d. § 726 I ZPO oder über die Rechtsnachfolge i. S. d. §§ 727 ff. ZPO?
Ja.
Da die Bescheinigung die Funktion einer Vollstreckungsklausel übernimmt, bedarf es insoweit der Vorlage des urkundlichen Nachweises über den Bedingungseintritt bzw. die Rechtsnachfolge auf Gläubiger- oder Schuldnerseite.
Der (erneute) Urkundennachweis ist dagegen nicht erforderlich, sofern der Bedingungseintritt bzw. die Rechtsnachfolge dem Gericht bereits offenkundig ist oder bereits zuvor eine Vollstreckungsklausel zu der Entscheidung/dem Vergleich nach §§ 724, 726, 727 ff., (794 I, 795) ZPO erteilt worden ist und die Tatsache (Bedingung) bzw. die Rechtsnachfolge somit von dem Gericht bereits zuvor geprüft worden ist.
Benötige ich für die gerichtliche Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO) ebenfalls einen Urkundennachweis über meine Zug um Zug-Leistung an die Schuldnerpartei i. S. d. § 726 II ZPO?
Ja.
Hängt die Zwangsvollstreckung von einer Zug um Zug-Leistung der Gläubigerpartei ab, kann eine Bescheinigung zu dem Schuldtitel nur dann erteilt werden, wenn die Gläubigerpartei dem Gericht nachweist, dass sie vorgeleistet hat oder die ihr obliegende Leistung in Annahmeverzug begründender Weise der Schuldnerpartei angeboten hat.
Da es Zug um Zug-Verurteilungen (Zug um Zug-Zahlungsverpflichtungen) nicht in allen EU-Mitgliedstaaten gibt, kann der Nachweis der Schuldnerbefriedigung oder des Annahmeverzugs der Schuldnerpartei dem ausl. Vollstreckungsorgan nicht überlassen bleiben, dem derartige Feststellungen aus o. g. Gründen möglicherweise unbekannt sind.
Da die vorgenannte Bescheinigung die Funktion einer Vollstreckungsklausel übernimmt, bedarf es daher aus den o. g. Gründen - entgegen Art. 41 I, (58 I S. 3, 59) EuGVVO i. V. m. §§ 726 II, 756, 765, (794 I, 795) ZPO - der Vorlage der Nachweise über die Schuldnerbefriedigung oder den Annahmeverzug der Schuldnerpartei.
Welche Anforderungen werden bei der Erteilung der gerichtlichen Bescheinigung (Formblatt I EuGVVO) zu Säumnisentscheidungen an die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks/des gleichwertigen Schriftstücks/der Ladung zum Gerichtstermin gestellt?
Reicht eine wirksame Zustellung nach den deutschen Prozessvorschriften insoweit aus?
Grundsätzlich reicht insoweit eine wirksame Zustellung nach den deutschen Prozessvorschriften aus.
Der rechtzeitige Zugang
- des verfahrenseinleitenden Schriftstücks (Klageschrift/Antragsschrift /Kostenfestsetzungsantrag)
bzw.
- der gleichwertigen Schriftstücke
(gerichtliche Verfügung/Mahnbescheid/Ladung zum Gerichtstermin/Vergütungsfestsetzungsantrag)
an die Schuldnerpartei sollte jedoch eingehalten werden.
Ansonsten hätte die Schuldnerpartei ggfs. die Möglichkeit, die Vollstreckung aus dem vorgenannten Schuldtitel vom ausländischen Gericht gem. Art. 46 EuGVVO versagen zu lassen.
Kann zu dem Kostenfestsetzungsbeschluss ebenfalls eine gerichtliche Bescheinigung (Formblatt I EuGVVO) erteilt werden?
Ja,
Art. 2 a) EuGVVO.
Kann das Gericht eine Bescheinigung (Formblatt I EuGVVO) zu dem Kostenfestsetzungsbeschluss erteilen, falls der Kostenfestsetzungsantrag der Schuldnerpartei nicht zugestellt worden ist?
Genügt insoweit nicht die Zustellung der Antragsschrift/des Mahnbescheids an die Schuldnerpartei?
Ja;
die Schuldnerpartei hat jedoch die Möglichkeit, gem. Art. 46 EuGVVO die Vollstreckung aus dem vorgenannten Schuldtitel vom ausländischen Gericht versagen zu lassen.
Die Zustellung der Antragsschrift/des Mahnbescheids genügt für die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung in der Regel nicht.
Obwohl nach den deutschen Prozessvorschriften die Zustellung des Kostenfestsetzungsantrags nicht zwingend erforderlich ist, bedarf es für die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung gleichwohl der Zustellung.
Kann das Gericht eine Bescheinigung (Formblatt I EuGVVO) zu dem Versäumnisurteil/Kostenfestsetzungsbeschluss erteilen, falls dieses/dieser lediglich durch Aufgabe zur Post zugestellt worden sind?
Ja,
obwohl die Zustellung unwirksam ist.
Eine Zustellung durch Aufgabe zur Post ist in den anderen EU-Mitgliedstaten nicht zulässig, da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Vorschrift des § 184 ZPO keine Anwendung auf §§ 183 V, 1068, 1089 ZPO findet.
Eine Aufforderung zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten entfaltet keine Rechtswirkungen gegen den Zustellungsempfänger in einem anderen EU-Mitgliedstaat, vergl. Beschluss des BGH vom 02. 02. 2011 - VIII ZR 190/10 - und Beschluss des BGH vom 11. 05. 2011 - VIII ZR 114/10 -.
Die Schuldnerpartei hat ggfs. die Möglichkeit, gem. Art. 46 EuGVVO die Vollstreckung aus dem vorgenannten Schuldtitel vom ausländischen Gericht versagen zu lassen.
Ggfs. ist die Zustellung der Entscheidung mit Beginn der Zwangsvollstreckung nachzuholen.
Kann das Gericht eine Bescheinigung (Formblatt I EuGVVO) zu dem Versäumnisurteil/Kostenfestsetzungsbeschluss erteilen, falls das verfahrenseinleitende Schriftstück öffentlich zugestellt worden ist?
Ja.
Die Schuldnerpartei hat ggfs. die Möglichkeit, gem. Art. 46 EuGVVO die Vollstreckung aus dem vorgenannten Schuldtitel vom ausländischen Gericht versagen zu lassen.
Fraglich ist jedoch, ob das Gericht den Antrag der Gläubigerpartei auf Erteilung der vorgenannten Bescheinigung zurückweist.
Grundsätzlich ist eine fiktive Zustellung (z. B. öffentliche Zustellung) ohne Hinzukommen weiterer Umstände im Einzelfall niemals rechtzeitig.
Ist es der Schuldnerpartei jedoch als Pflichtverletzung gegenüber der Gläubigerpartei zurechenbar, dass sie ihre neue Anschrift nicht bekanntgegeben hat, ist dagegen eine öffentliche Zustellung rechtzeitig bzw. wird dies als rechtzeitig angesehen.
Dies ist jedoch in der Regel nur dann der Fall, wenn die Schuldnerpartei mit der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens rechnen musste.
Wird die Schuldnerpartei im Regelfall vor Erteilung der gerichtlichen Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO) angehört?
Nein.
Weder die Brüssel Ia-Verordnung noch die Zivilprozessordnung (§ 1111 I S. 1 ZPO) sehen für den Regelfall eine Anhörung der Schuldnerpartei vor.
In welchen Einzelfällen kann die Schuldnerpartei vor Erteilung der gerichtlichen Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO) angehört werden?
Sofern der Bescheinigung eine titelergänzende (§§ 726, (794 I, 795) ZPO) oder eine titelübertragende (§§ 727 ff., (794 I, 795) ZPO) Funktion zukommt, kann eine Anhörung der Schuldnerpartei erfolgen, § 1111 I S. 2 ZPO.
Wird die gerichtliche Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO) der Schuldnerpartei zugestellt?
Ja.
Die Bescheinigung wird der Schuldnerpartei zugestellt, Erwägungsgrund 32 und Art. 43 I S. 1, (58 I S. 3, 59) EuGVVO, § 1111 I S. 3 und 4 ZPO.
Die Zustellung erfolgt von Amts wegen oder im Parteibetrieb.
Welche Kosten entstehen für die Erteilung der gerichtlichen Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO)?
Für die Erteilung der Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO) wird
vom Gericht gem. KV Nr. 1513 GKG i. V. m. § 1110 ZPO eine Gebühr in Höhe von 20 EUR erhoben.
Kann ich als Gläubigerpartei den ablehnenden Beschluss anfechten?
Ja,
mit der sofortigen Beschwerde gem. §§ 1111 II, 567 ZPO, 11 I RpflG.
Der Rechtspfleger ist abhilfebefugt.
Das Gericht hat die Bescheinigung zu Unrecht erteilt.
Die gerichtliche Bescheinigung ist unrichtig.
Kann die Schuldnerpartei die gerichtliche Bescheinigung anfechten?
Ja,
die Schuldnerpartei kann die gerichtliche Bescheinigung mit der unbefristeten Erinnerung nach §§ 1111 II, 732 ZPO anfechten.
Der Rechtspfleger ist abhilfebefugt.
Was sind die Rechtsfolgen der Anfechtung des deutschen Schuldtitels für die bereits erteilte Bescheinigung?
Muss ich als Schuldnerpartei die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung im Vollstreckungsmitgliedstaat beantragen, wenn ich den Schuldtitel angefochten habe?
Keine.
Gem. Art. 38 a) EuGVVO kann das ausländische Gericht das Zwangsvollstreckungsverfahren einstweilen aussetzen.
Die Brüssel Ia-Verordnung sieht keine ausdrückliche Regelung für den Fall der Anfechtung des zu vollstreckenden Schuldtitels vor.
Sie regelt lediglich die Aussetzung der Vollstreckung, wenn die Vollstreckung bereits im Ursprungsmitgliedstaat ausgesetzt ist.
Die Schuldnerpartei hat jedoch die Möglichkeit, den deutschen Beschluss über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung der zuständigen Behörde/dem zuständigen Gericht im Vollstreckungsmitgliedstaat vorzulegen.
Die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels/des Rechtsbehelfs kann für die Entscheidung der Behörde/des Gerichts im Vollstreckungsmitgliedstaat bedeutsam sein;
die Vorlage der Rechtsmittel- oder Rechtsbehelfsbegründung ist daher empfehlenswert.
Welche Unterlagen muss ich dem ausl. Vollstreckungsorgan vorlegen?
Die von der Gläubigerpartei vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 42 I, (58 I S. 3, 59) EuGVVO:
- (vollstreckbare) Ausfertigung der Entscheidung/des Vergleichs
- ggfs. mit Zustellungsbescheinigung -, - Ausfertigung der gerichtlichen Bescheinigung unter Verwendung des Formblatts in Anhang I (Entscheidung) EuGVVO bzw. Anhang II (Vergleich) EuGVVO
- ggfs. mit Zustellungsbescheinigung -, - ggfs. Übersetzung der Unterlagen in der Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats.
Handelt es sich bei der Entscheidung um eine Säumnisentscheidung, bedarf es nicht der Vorlage der Bescheinigung über die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks/des gleichwertigen Schriftstücks/der Ladung zum Gerichtstermin.
In der Regel ist die Beifügung von Übersetzungen der Entscheidung/des Vergleichs nicht erforderlich, Art. 42 IV, 57, (58 I S. 3, 59) EuGVVO.
In der Regel ist die Beifügung einer Übersetzung der Eintragungen in der Bescheinigung nicht erforderlich, da es sich hierbei um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschriften und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.
Eine Übersetzung ist daher ggfs. nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich, vergl. Art. 57 II EuGVVO.
Kann ich aus der deutschen einstweiligen Verfügung im Vollstreckungsmitgliedstaat vollstrecken?
Welche Unterlagen muss ich dem ausl. Vollstreckungsorgan vorlegen?
Ja.
Die von der Gläubigerpartei vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 42 II EuGVVO:
- (vollstreckbare) Ausfertigung der Entscheidung
- ggfs. mit Zustellungsbescheinigung -, - Ausfertigung der gerichtlichen Bescheinigung (Formblatt I EuGVVO)
- ggfs. mit Zustellungsbescheinigung -
Die gerichtliche Bescheinigung muss u. a. die Angabe enthalten, dass das Gericht in der Hauptsache zuständig ist und die Entscheidung in Deutschland vollstreckbar ist. - einen Nachweis der Zustellung der Entscheidung, sofern die Maßnahme ohne Ladung der Schuldnerpartei angeordnet worden ist,
- ggfs. Übersetzung der Unterlagen in der Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats.
In der Regel ist die Beifügung von Übersetzungen der Entscheidung nicht erforderlich, Art. 42 IV, 43 III EuGVVO.
In der Regel ist die Beifügung einer Übersetzung der Eintragungen in der gerichtlichen Bescheinigung nicht erforderlich, da es sich hierbei um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschriften und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.
Eine Übersetzung ist daher ggfs. nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat die Vollstreckungsklausel zu der Entscheidung/dem Vergleich?
Nein.
Es bedarf grundsätzlich nicht der Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des deutschen Schuldtitels gegenüber dem ausl. Vollstreckungsorgan, da die Vollstreckungsklausel insoweit durch die gerichtliche Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO) ersetzt wird.
Ob trotz der Vorlage der gerichtlichen Bescheinigung im Einzelfall die Erteilung der Vollstreckungsklausel nach §§ 724, 726, 727 ff, (794 I, 795) ZPO zu dem Schuldtitel erforderlich ist, hängt jedoch gem. Art. 41 I, (58 I S. 3, 59) EuGVVO von den jeweiligen Prozessvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab (Parallelbestimmung zu § 1112 ZPO?).
Dennoch ist die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels hilfreich, da diese als Nachweis des Bestehens der titulierten Forderung dient.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Bescheinigung über die Zustellung der Entscheidung/des Vergleichs an die Schuldnerpartei?
Ja.
In Hinblick auf Art. 41, (58 I S. 3, 59) EuGVVO bedarf es der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu dem deutschen Schuldtitel.
Ggfs. reicht eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung aus.
Ob die Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu dem deutschen Schuldtitel erforderlich ist, hängt jedoch letztlich von den jeweiligen Prozessvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab (Parallelbestimmung zu §§ 750, (794 I, 795) ZPO?).
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Bescheinigung über die Zustellung der gerichtlichen Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO) an die Schuldnerpartei?
Ja,
Erwägungsgrund 32, Art. 43, (58 I S. 3, 59) EuGVVO, § 1111 I ZPO.
Eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung (Zustellung im Parteibetrieb) genügt.
Kann das ausl. Vollstreckungsorgan den deutschen Schuldtitel hinsichtlich des titulierten dynamisierten Zinssatzes (Basiszinssatz nach § 247 BGB) an das nationale Recht des Vollstreckungsmitgliedstaates anpassen?
Ja.
Die Gläubigerpartei hat dafür Sorge zu tragen, dass das ausl. Vollstreckungsorgan diese Anpassung nach den Maßstäben einer Auslegung vornehmen kann und sollte daher entsprechende Unterlagen (Berechnungsgrundlagen) vorlegen.
Die veränderte Bezugsgröße für den Basiszinssatz nach § 247 BGB wird halbjährlich (zum 01.01. und 01.07. eines jeden Jahres) festgelegt und durch die Bekanntmachung der Deutschen Bundesbank im Bundesanzeiger veröffentlicht.
Die Festlegung der nationalen Zinsen ist in Deutschland somit öffentlich einsehbar und steht jedermann in elektronischer Form zur Verfügung.
In welchen Fällen wird die Anerkennung oder Vollstreckung der deutschen Entscheidung auf Antrag der Schuldnerpartei versagt?
Das ausl. Gericht versagt gem. Art. 46, (58 I S. 3, 59) EuGVVO die Vollstreckung aus dem deutschen Schuldtitel bei:
- Verstoß gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) im Vollstreckungsmitgliedstaat, Art. 45 I a), (58 I S. 1, 59) EuGVVO;
- Verletzung rechtlichen Gehörs der Schuldnerpartei,
Art. 45 I b) EuGVVO; - Unvereinbarkeit des Schuldtitels mit einem anderen Schuldtitel
(Titelkollision), Art. 45 I c) und d) EuGVVO; - Verstoß gegen die Zuständigkeitsvorschriften des Art. 45 I e i) EuGVVO in Versicherungssachen, sofern und soweit die Schuldnerpartei Versicherungsnehmer, Versicherter, Begünstigter des Versicherungsvertrags oder Geschädigter ist;
- Verstoß gegen die Zuständigkeitsvorschriften des Art. 45 I e) i) EuGVVO in Verbrauchersachen, sofern und soweit die Schuldnerpartei ein Verbraucher ist;
- Verstoß gegen die Zuständigkeitsvorschriften des Art. 45 I e) i) EuGVVO in Arbeitssachen, sofern und soweit die Schuldnerpartei Arbeitnehmer ist;
- Verstoß gegen die Zuständigkeitsvorschriften des Art. 45 I e) ii) EuGVVO hinsichtlich der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte.
Art. 45 I b) EuGVVO dient dem Schutz des rechtlichen Gehörs der Schuldnerpartei.
Auf die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung kommt es nicht an.
Nach dem Willen des Verordnungsgebers soll ein bloß formaler und für die Verteidigungsmöglichkeiten der Schuldnerpartei unmaßgeblicher Zustellungsfehler nicht dazu führen, die Vollstreckung aus einer deutschen Entscheidung im Vollstreckungsmitgliedstaat zurückzuweisen.
Entscheidend ist daher, ob der Schuldner das verfahrenseinleitende Schriftstück rechtzeitig und so erhalten hat, dass ihm die Verteidigung möglich war.
Art. 5 I c) und d) EuGVVO regelt schließlich den Fall der Titelkollision.
Sind die Entscheidungen unvereinbar, ist die Anerkennung oder Vollstreckung des deutschen Schuldtitels zu versagen.
Art. 45 I e) EuGVVO regelt die Ausnahmefälle für die Nachprüfung der internationalen Zuständigkeit.
Gem. Art. 45 II EuGVVO ist das ausl. Gericht jedoch an die tatsächliche Feststellung des deutschen Gerichts hinsichtlich der Zuständigkeit gebunden.
Die Vorschrift des Art. 45 II EuGVVO verhindert Verzögerungen durch Zuständigkeitsrügen, die die Schuldnerpartei bereits im gerichtlichen Verfahren in Deutschland hätte vorbringen können.
In welchen Fällen kann die Schuldnerpartei sich nicht auf den Versagungsgrund des Art. 45 I b) EuGVVO (Verletzung des rechtlichen Gehörs) berufen?
Die Schuldnerpartei kann die Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht geltend machen, falls sie gegen die Entscheidung in Deutschland einen Rechtsbehelf/ein Rechtsmittel hätte einlegen könne, hiervon aber keinen Gebrauch gemacht hat
(sog. „Rechtsbehelfsobliegenheit“).
Bitte beachten Sie, dass zur Durchführung der Zwangsvollstreckung in Österreich ein Exekutionsantrag erforderlich ist.
- Zwangsvollstreckungsverfahren in Österreich
Informationen aus dem österreichischen Justizportal
- elektronische Formulare
Exekutionsantrag.
- Angaben der EU-Mitgliedstaaten zur Brüssel Ia-Verordnung
Für weitere Informationen zu dem gewünschten EU-Mitgliedstaat klicken Sie bitte auf die betreffende Fahne.
- Angaben der EU-Mitgliedstaaten zur Zwangsvollstreckung
Für weitere Informationen zu dem gewünschten EU-Mitgliedstaat klicken Sie bitte auf die betreffende Fahne.
- Brüssel Ia-Verordnung (EuGVVO))
EU-Verordnung Nr. 1215/2012 (Brüssel Ia-VO)
- Formulare
- Europäisches Verzeichnis der Gerichtsvollzieher
Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen
EU-Verordnung Nr. 805/2004 (EuVTVO)
Muss ich für die Zwangsvollstreckung aus dem deutschen Schuldtitel über eine unbestrittene Forderung zuvor das Vollstreckbarerklärungsverfahren in dem anderen EU-Mitgliedstaat durchführen?
Nein.
Das Vollstreckbarerklärungsverfahren ist ab 10.01.2015 in allen EU-Mitgliedstaaten für die Zwangsvollstreckung innerhalb der Europäischen Union abgeschafft worden.
Handelt es sich um eine unbestrittene Geldforderung im Sinne der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung (EuVTVO), hat die Gläubigerpartei die Wahl zwischen der Beantragung einer gerichtlichen Bescheinigung gem. Art. 53 (60) EuGVVO (EU-Verordnung Nr. 1215/2012 (Brüssel Ia-Verordnung)) und der gerichtlichen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, Art. 27 EuVTVO.
Zur Einleitung der Zwangsvollstreckung aus einem deutschen Schuldtitel bedarf die Gläubigerpartei insoweit lediglich
- einer gerichtlichen Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO)
oder
- der gerichtlichen Bestätigung des Schuldtitels als
Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen
(Formblatt I bzw. II EuVTVO).
Muss ich in Altfällen für die Zwangsvollstreckung aus dem deutschen Schuldtitel über eine unbestrittene Forderung zuvor das Vollstreckbarerklärungsverfahren in dem anderen EU-Mitgliedstaat durchführen?
Nein.
Handelt es sich um eine unbestrittene Geldforderung im Sinne der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung (EuVTVO), hat die Gläubigerpartei in Altfällen die Wahl zwischen der Beantragung eines Vollstreckbarerklärungs-verfahrens nach der Brüssel I-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 44/2001
(VO (EU) Nr. 44/2001)) und der gerichtlichen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, Art. 27 EuVTVO.
Nach der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung bedarf die Gläubigerpartei zur Einleitung der Zwangsvollstreckung aus einem deutschen Schuldtitel lediglich der gerichtlichen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel.
Im Gegensatz dazu benötigt die Gläubigerpartei nach der Brüssel I-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 44/2001 (VO (EU) Nr. 44/2001)) die Vollstreckbarerklärung des Schuldtitels durch das ausl. Gericht, um in Altfällen aus dem deutschen Schuldtitel die Zwangsvollstreckung im EU-Ausland einleiten zu können.
Obwohl die Erteilung der gerichtlichen Bestätigung nach der Europäischen
Vollstreckungstitel-Verordnung zeitaufwendig sein kann, wird die Gläubigerpartei insbesondere bei rechtzeitiger Antragstellung im Regelfall Zeit sparen.
Die gerichtliche Bestätigung kann jederzeit, d. h. sogar schon mit/in dem verfahrenseinleitenden Schriftstück (z. B. Klageschrift, Mahnbescheid,
Kostenfestsetzungsantrag) beantragt und der Gläubigerpartei zusammen mit dem Vollstreckungstitel oder zumindest kurz danach übermittelt werden.
Ferner sind die Kosten für die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel geringer als die Kosten für das Vollstreckbarerklärungsverfahren.
Kann ich aus der gerichtlichen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel unmittelbar die Zwangsvollstreckung in dem anderen EU-Mitgliedstaat betreiben?
Ja.
Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung ermöglicht die direkte Vollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat.
Damit entfällt in den anderen EU-Mitgliedstaaten das Verfahren zur Vollstreckbar-erklärung, das bislang noch in Altfällen der Vollstreckung aus deutschen Vollstreckungstiteln vorgeschaltet war.
Die Gläubigerpartei kann sich daher in dem anderen EU-Mitgliedstaat, in dem aus dem deutschen Europäischen Vollstreckungstitel vollstreckt werden soll, direkt an das Vollstreckungsorgan wenden.
Soll z. B. aus einem deutschen Europäischen Vollstreckungstitel in den Niederlanden vollstreckt werden, so kann die Gläubigerpartei sich direkt an den Gerichtsvollzieher in den Niederlanden wenden.
Ein deutscher Europäischer Vollstreckungstitel ist in den anderen EU-Mitgliedstaaten zu vollstrecken wie ein nationaler Schuldtitel, Art. 20 I S. 2, (24 III) EuVTVO.
Weder der Schuldtitel noch ihre Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel dürfen im Vollstreckungsmitgliedstaat in der Sache selbst nachgeprüft werden.
Wie ist der sachliche Anwendungsbereich der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung?
Die EU-Verordnung Nr. 805/2004 ist in grenzüberschreitenden Zivil- und Handelssachen einschl. Arbeitsgerichtssachen anzuwenden.
Sie findet jedoch u. a. keine Anwendung auf
- Erbrechtssachen,
- Unterhaltssachen,
- vermögensrechtliche Streitigkeiten zwischen Eheleuten während der Ehe oder nach Trennung oder Scheidung,
- Zollsachen.
Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 805/2004) findet auf Unterhaltssachen lediglich noch in Altfällen Anwendung.
Wie ist der zeitliche Anwendungsbereich der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung im Verhältnis zu Deutschland?
In welchen Fällen kann der Schuldtitel als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden?
Im Verhältnis zu Deutschland findet die EU-Verordnung Nr. 805/2004 Anwendung ab 21.01.2005, Art. 33 EuVTVO.
Deutsche Schuldtitel, die nach dem 20. 01. 2005 errichtet worden sind, können daher als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt werden.
Die Vorschriften der Art. 26, 33 EuVTVO sind dahingehend auszulegen, dass aus dem deutschen Schuldtitel nur dann unmittelbar im Vollstreckungsmitgliedstaat vollstreckt werden kann, falls der Schuldtitel sowohl im Ursprungsmitgliedstaat (Deutschland) als auch im Vollstreckungsmitgliedstaat im Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 805/2004 fällt.
Wie ist der zeitliche und örtliche Anwendungsbereich der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung im Verhältnis zum Vollstreckungsmitgliedstaat?
Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung gilt für alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark, Art. 2 III EuVTVO.
Weder können dänische Schuldtitel als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, noch können deutsche Schuldtitel nach der EU-Verordnung Nr. 805/2004 unmittelbar in Dänemark vollstreckt werden.
Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung findet Anwendung auf die ab 21. 01. 2005 bzw. ab dem EU-Beitritt ergangenen Entscheidungen und geschlossenen oder bestätigten Vergleiche, Art. 33 EuVTVO (vergl. auch gemeinsamer Leitfaden des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission für Personen, die in den Gemeinschaftsorganen an der Abfassung von Rechtstexten mitwirken).
Aufgrund der Regelung in Erwägungsgrund 25, Art. 2 III, 33 EuVTVO kann jedoch nicht in jedem Vollstreckungsmitgliedstaat aus dem bestätigten deutschen Schuldtitel nach der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung vollstreckt werden.
Den genauen Zeitpunkt der Errichtung des deutschen Schuldtitels, aus dem mit der Ausfertigung der gerichtlichen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (Formblatt I bzw. II EuVTVO) im Vollstreckungsmitgliedstaat unmittelbar vollstreckt werden kann, entnehmen Sie bitte der anl. Übersicht:
Vollstreckungsmitgliedstaat (EU-Mitgliedstaat, in dem die Zwangsvollstreckung betrieben werden soll): |
zeitlicher Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 805/2004 für den deutschen Schuldtitel: |
---|---|
Belgien | ab 21. 01. 2005 |
Bulgarien | ab 01. 01. 2007 |
Dänemark | ./. |
Estland | ab 21. 01. 2005 |
Finnland | ab 21. 01. 2005 |
Frankreich | ab 21. 01. 2005 |
Griechenland | ab 21. 01. 2005 |
Irland | ab 21. 01. 2005 |
Italien | ab 21. 01. 2005 |
Kroatien | ab 01. 07. 2013 |
Lettland | ab 21. 01. 2005 |
Litauen | ab 21. 01. 2005 |
Luxemburg | ab 21. 01. 2005 |
Malta | ab 21. 01. 2005 |
Niederlande | ab 21. 01. 2005 |
Österreich | ab 21. 01. 2005 |
Polen | ab 21. 01. 2005 |
Portugal | ab 21. 01. 2005 |
Rumänien | ab 01. 01. 2007 |
Schweden | ab 21. 01. 2005 |
Slowakei | ab 21. 01. 2005 |
Slowenien | ab 21. 01. 2005 |
Spanien | ab 21. 01. 2005 |
Tschechische Republik | ab 21. 01. 2005 |
Ungarn | ab 21. 01. 2005 |
Vereinigtes Königreich | 21. 01. 2005 - 31.12.2020 |
Zypern | ab 21. 01. 2005 |
Deutsche Entscheidungen aus den ab 01.01.2021 neu eingeleiteten Verfahren können aufgrund des Brexit nicht mehr mit dem Formblatt I EuVTVO unmittelbar im Vereinigten Königreich vollstreckt werden.
Dies gilt auch für deutsche Vergleiche, die nach dem 31.12.2020 geschlossen wurden (keine unmittelbare Vollstreckung im Vereinigten Königreich mit dem Formblatt II EuVTVO).
Wie kann ich die Zwangsvollstreckung betreiben, wenn die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung keine Anwendung finden soll oder keine Anwendung findet?
Sofern der deutsche Schuldtitel nicht als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden kann oder die Gläubigerpartei sich für die Erteilung der Bescheinigung (Formblatt I bzw. II EuGVVO) entscheidet, findet dagegen die Brüssel Ia-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1215/2012) Anwendung.
Wie kann ich die Zwangsvollstreckung betreiben, wenn die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung in Altfällen keine Anwendung finden soll oder keine Anwendung findet?
Sofern der deutsche Schuldtitel nicht als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden kann oder die Gläubigerpartei sich für das Exequaturverfahren entscheidet, findet in Altfällen dagegen die Brüssel I-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 44/2001) Anwendung.
Wie und von wem erhalte ich die gerichtliche Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel (Formblatt I bzw. II EuVTVO)?
Die Bestätigung des Schuldtitels als Europäischer Vollstreckungstitel bedarf eines Antrags.
Der Antrag kann jederzeit an das Gericht, das den Schuldtitel erlassen hat, gestellt werden;
dieser kann sogar bereits in dem verfahrenseinleitenden Schriftstück (Antragsschrift, Klageschrift, Mahnbescheid, Kostenfestsetzungsantrag) gestellt werden.
Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 13 RpflG.
Die Erteilung der Bestätigung i. S. d. Art. 9 I (24 I) EuVTVO erfolgt durch den Rechtspfleger, § 20 Zi. 11 RpflG.
Das Formblatt I bzw. II EuVTVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.
Art. 9 II EuVTVO sieht in Hinblick auf das EU-einheitliche Formblatt nur die Amtssprache des Ursprungsmitgliedstaats vor;
dennoch ist die Auswahl der Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats sinnvoll und hilfreich, da dem Gerichtsvollzieher oftmals die Formulare nicht geläufig bzw. unbekannt sind.
Warum soll die Ausfertigung der gerichtlichen Bestätigung mit der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels verbunden werden?
Die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels dient als Nachweis des Bestehens der titulierten Forderung.
Zahlungen bzw. Teilzahlungen werden vom Gerichtsvollzieher auf dem vollstreckbaren Schuldtitel vermerkt, §§ 757 I, (794 I, 795) ZPO.
Benötige ich für die gerichtliche Bestätigung die Vollstreckungsklausel zu der Entscheidung/dem Vergleich?
Nein,
Art. 6 I (24 I) EuVTVO.
Die Entscheidung ist nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar und noch nicht rechtskräftig.
Benötige ich für die gerichtliche Bestätigung ebenfalls einen Urkundennachweis über die Sicherheitsleistung bzw. eine Rechtskraft-bescheinigung?
Nein,
diese(r) ist nach den deutschen Prozessvorschriften (vergl. § 726 I ZPO) nicht erforderlichen.
Für die Erteilung der Bestätigung benötigen Sie gegenüber dem deutschen Gericht keinen Urkundennachweis über die Sicherheitsleistung und keine Rechtskraft-bescheinigung.
Eine ggfs. der Gläubigerpartei obliegenden Sicherheitsleistung ist dagegen erst von dem ausländischen Vollstreckungsorgan zu prüfen.
Die Sicherheitsleistung ist in der Bestätigung (Ziffer 6 des Formblatts I EuVTVO) besonders zu vermerken, damit diese im Vollstreckungsmitgliedstaat berücksichtigt werden kann.
Der Sicherheitsleitung kommt jedoch kaum Bedeutung zu, da Anerkenntnisurteile und Versäumnisurteile bereits kraft Gesetzes (§ 708 Zi. 1, 2 ZPO) ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar sind.
Benötige ich für die gerichtliche Bestätigung einen Urkundennachweis über den Bedingungseintritt i. S. d. § 726 I ZPO oder über die Rechtsnachfolge i. S. d. §§ 727 ff. ZPO?
Ja.
Ob ein Urkundennachweis für die Erteilung einer Bestätigung gegenüber dem deutschen Gericht benötigt wird, hängt letztlich von der Auslegung der Vorschrift(en) der EU-Verordnung Nr. 805/2004 durch das Gericht ab.
Da die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen die Funktion einer Vollstreckungsklausel übernimmt, bedarf es insoweit der Vorlage des urkundlichen Nachweises über den Bedingungseintritt bzw. die Rechtsnachfolge auf Gläubiger- oder Schuldnerseite.
Der (erneute) Urkundennachweis ist dagegen nicht erforderlich, sofern der Bedingungseintritt bzw. die Rechtsnachfolge dem Gericht bereits offenkundig ist oder bereits zuvor eine Vollstreckungsklausel zu dem Schuldtitel nach §§ 724, 726, 727 ff., (794 I, 795) ZPO erteilt worden ist und die Tatsache (Bedingung) bzw. die Rechtsnachfolge somit von dem Gericht bereits zuvor geprüft worden ist.
Benötige ich für die gerichtliche Bestätigung ebenfalls einen Urkundennachweis über meine Zug um Zug-Leistung an die Schuldnerpartei i. S. d. § 726 II ZPO?
Ja.
Ob ein Urkundennachweis für die Erteilung einer Bestätigung gegenüber dem deutschen Gericht benötigt wird, hängt letztlich von der Auslegung der Vorschrift(en) der EU-Verordnung Nr. 805/2004 durch das Gericht ab.
Nach den deutschen Prozessvorschriften für die Erteilung einer Vollstreckungsklausel (§§ 726 II, 756, 765, (794 I, 795) ZPO) i. V. m.
Art. 20 I, (24 III) EuVTVO) muss die Gläubigerpartei erst gegenüber dem ausländischen Vollstreckungsorgan den Nachweis vorlegen.
Hängt die Zwangsvollstreckung von einer Zug um Zug-Leistung der Gläubigerpartei ab, kann der deutsche Schuldtitel nur dann als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden, wenn die Gläubigerpartei dem Gericht nachweist, dass sie vorgeleistet hat oder die ihr obliegende Leistung in Annahmeverzug begründender Weise der Schuldnerpartei angeboten hat.
Da es Zug um Zug-Verurteilungen (Zug um Zug-Zahlungsverpflichtungen) nicht in allen EU-Mitgliedstaaten gibt, sollte der Nachweis über die Schuldnerbefriedigung oder den Annahmeverzug der Schuldnerpartei dem ausl. Vollstreckungsorgan nicht überlassen bleiben, dem derartige Feststellungen aus o. g. Gründen möglicherweise unbekannt sind.
Da die Bestätigung die Funktion einer Vollstreckungsklausel übernimmt, ist daher das Gericht berechtigt, die Erteilung der Bestätigung von der Vorlage der Nachweise über die Schuldnerbefriedigung oder den Annahmeverzug der Schuldnerpartei abhängig zu machen.
Werden die Berichtigung und der Widerruf der Bestätigung in den Gerichtsakten vermerkt?
Ja.
Gem. § 1081 III ZPO i. V. m. § 319 II ZPO wird die Berichtigung und der Widerruf auf der urschriftlichen Bestätigung und allen Ausfertigungen von Amts wegen vermerkt.
Die Bestätigung wird auch im Falle des Widerrufs nicht eingezogen.
Welche Voraussetzungen müssen für die gerichtliche Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen erfüllt sein?
Für die Bestätigung der gerichtlichen Entscheidung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen müssen u. a. folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- fällige Geldforderung
(Art. 6 I S. 1 i. V. m. Art. 4 Zi. 2 EuVTVO);
- unbestrittene Forderung
(Art. 6 I S. 1 i. V. m. Art. 3 EuVTVO);
- Vollstreckbarkeit der Forderung in Deutschland (Art. 6 I lit. a) EuVTVO)
- Voraussetzungen für die Erteilung der
Vollstreckungsklausel zum Schuldtitel müssen
vorliegen. -
- Einhaltung der Zuständigkeitsregeln
(Art. 6 I lit. b) EuVTVO);
- Einhaltung der verfahrensrechtlichen Mindeststandards
(Art. 6 I lit. c), 12 I, 19 EuVTVO);
- sofern und soweit es sich um eine Säumnisentscheidung handelt:
ordnungsgemäße Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks/des gleichwertigen Schriftstücks/der Ladung zum Gerichtstermin an Schuldnerpartei oder Vertreter (Art. 13, 14, 15 EuVTVO);
- ordnungsgemäße Unterrichtung der Schuldnerpartei über die Forderung,
Art. 16 EuVTVO (z. B.: § 690 I Zi. 3 ZPO - Klageprotokoll);
- ordnungsgemäße Unterrichtung der Schuldnerpartei über die Verfahrensschritte zum Bestreiten der Forderung und über die Rechtsfolgen des Nichtbestreitens oder Nichterscheinens zum Gerichtstermin,
Art. 17 EuVTVO (z. B. §§ 215, 271 II, 276 I, II, 277 II, 338, 499 ZPO); - sofern und soweit es sich um eine Säumnisentscheidung handelt und es sich bei der Schuldnerpartei um einen Verbraucher handelt:
Wohnsitz der Schuldnerpartei in Deutschland
(Art. 6 I lit. d) EuVTVO).
Für die gerichtliche Bestätigung des Vergleichs als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen müssen dagegen lediglich folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- fällige Geldforderung
(Art. 24 I i. V. m. Art. 4 Zi. 2 EuVTVO); - unbestrittene Forderung
(Art. 24 III i. V. m. Art. 3 I a) EuVTVO); - Vollstreckbarkeit der Forderung in Deutschland (Art. 24 I und III i. V. m. Art. 11 EuVTVO)
- Die Voraussetzungen für die Erteilung der Vollstreckungsklausel zum Schuldtitel müssen vorliegen. -
Wann gilt die Forderung als unbestritten?
Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung sieht vor, dass unbestrittene Geldforderungen auf Antrag der Gläubigerpartei als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt werden können.
Die Forderung gilt als unbestritten, wenn
-
die Schuldnerpartei ihr im gerichtlichen Verfahren durch Anerkenntnis oder Vergleich zugestimmt hat (Art. 3 I S. 2 lit. a) EuVTVO),
- die Schuldnerpartei ihr im Gerichtsverfahren nach den maßgeblichen deutschen Rechtsvorschriften nie widersprochen hat (Art. 3 I S. 2 lit. b) EuVTVO)
oder
-
die Schuldnerpartei vor Gericht säumig war.
Nachdem die Schuldnerpartei gegen das Versäumnisurteil bzw. den Vollstreckungsbescheid wirksam Einspruch eingelegt hat, kann eine Bestätigung des Versäumnisurteils bzw. des Vollstreckungsbescheids als Europäischer Vollstreckungstitel nicht ausgestellt werden, da die Geldforderung insoweit nicht mehr unbestritten ist.
Wurde der Einspruch dagegen als unzulässig verworfen (§ 341 I S. 2 ZPO), handelt es sich um eine unbestrittene Forderung;
das Versäumnisurteil/der Vollstreckungsbescheid ist daher bei dieser Fallkonstellation bestätigungsfähig.
Wurde die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, kann das Versäumnisurteil/der Vollstreckungsbescheid trotz des verspäteten Einspruchs nicht als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden;
die Forderung gilt insoweit als bestritten.
Trotz zuvor bestrittener Forderung kann dagegen ein Versäumnisurteil als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, sofern dieses aufgrund der Säumnis im Gerichtstermin (Nichterscheinen oder fehlende Antragstellung im Gerichtstermin bzw. fehlende anwaltliche Vertretung in Anwaltsprozessen (z. B. vor dem Landgericht) erlassen worden ist.
Kann der vollstreckbare Auszug aus der Insolvenztabelle als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden?
Ja,
da es sich um eine unwidersprochene Feststellung einer titulierten Forderung zur Insolvenztabelle durch das Insolvenzgericht handelt,
vergl. Wolfang Zenker, Randziffer 8 und 9 zu Art. 26 EuVTVO in Geimer/Schütze - Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Band II, Hausnummer 541, S. 326.
Kann der Kostenfestsetzungsbeschluss ebenfalls als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden?
Ja.
Kostenfestsetzungsbeschlüsse sind aus dem Rechtsgedanken des Art. 7 EuVTVO bestätigungsfähig, wenn die Schuldnerpartei dem Kostenersatz nicht ausdrücklich widersprochen hat.
Ob in den folgenden Einzelfällen der Kostenfestsetzungsbeschluss als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden kann, hängt letztlich von der Auslegung des Gerichts ab:
- Kann der Kostenfestsetzungsbeschluss nur dann als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden kann, wenn die Hauptsacheentscheidung bestätigungsfähig ist?
- Welcher Zeitpunkt ist für das Bestreiten der Kostenforderung maßgeblich?
(Reicht das Bestreiten der Kostenforderung im Erkenntnisverfahren aus?
Ist für das Bestreiten der Kostenforderung allein das Kostenfestsetzungsverfahren maßgeblich?)
- Ist eine Heilung der Verfahrensmängel nach Art. 18 I EuVTVO durch Art. 18 I b) EuVTVO grundsätzlich ausgeschlossen?
Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung enthält insoweit keine Regelung.
Ob
- Kostenfestsetzungsbeschlüsse zu Hauptsacheentscheidungen, die nicht auf Zahlung einer Geldsumme lauten,
- Kostenfestsetzungsbeschlüsse zu klageabweisenden Hauptsacheentscheidungen
oder
- Kostenfestsetzungsbeschlüsse zu bestrittenen Hauptsacheentscheidungen,
als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt werden, hängt daher von der Auslegung des Gerichts ab.
Trotz zuvor bestrittenem Kostenersatz im Erkenntnisverfahren kann dagegen ein Kostenfestsetzungsbeschluss als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, sofern das zugrunde liegende Versäumnisurteil aufgrund der Säumnis im Gerichtstermin (Nichterscheinen im Termin, fehlende Antragstellung oder fehlende anwaltliche Vertretung in Anwaltsprozessen) erlassen worden ist und die Schuldnerpartei dem Kostenersatz im Kostenfestsetzungsverfahren nicht widersprochen hat.
Erkennt die Schuldnerpartei die Hauptforderung an - widerspricht jedoch gleichzeitig dem Kostenersatz - kann lediglich das Anerkenntnisurteil, nicht jedoch der Kostenfestsetzungsbeschluss als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden.
Kann der Kostenfestsetzungsbeschluss als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, wenn die Schuldnerpartei dem Kostenersatz im Erkenntnisverfahren - nicht jedoch im Kostenfestsetzungsverfahren - widersprochen hat?
Welcher Zeitpunkt ist für das Bestreiten der Kostenforderung maßgebend?
Ja.
Ob der Kostenfestsetzungsbeschluss als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt wird, hängt letztlich von der Auslegung der Vorschriften der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung durch das Gericht ab.
Die EU-Verordnung Nr. 805/2004 enthält diesbezüglich keine ausdrückliche Regelung.
Die deutschen Gerichte bestätigen im Regelfall Kostenfestsetzungsbeschlüsse als Europäische Vollstreckungstitel, sofern und soweit die Schuldnerpartei dem Kostenersatz im Kostenfestsetzungsverfahren nicht widersprochen hat.
Welche Anforderungen werden bei der gerichtlichen Bestätigung einer Säumnisentscheidung als Europäische Vollstreckungstitel an die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks/des gleichwertigen Schriftstücks/der Ladung zum Gerichtstermin gestellt?
Reicht eine wirksame Zustellung an die Schuldnerpartei nach den deutschen Prozessvorschriften insoweit aus?
Grundsätzlich reicht insoweit eine wirksame Zustellung nach den deutschen Prozessvorschriften aus.
Eine Ausnahme gilt lediglich für die Zustellung
- der verfahrenseinleitenden Schriftstücke
(Klageschrift unter Fristsetzung/Kostenfestsetzungsantrag unter Fristsetzung), - der gleichwertigen Schriftstücke
(Belehrung unter Fristsetzung/Mahnbescheid/
Vergütungsfestsetzungsantrag unter Fristsetzung) - der Ladung zum Gerichtstermin:
Im Falle der Ersatzzustellung durch Niederlegung bei der Postanstalt oder einer sonstigen Behörde i. S. d. § 181 ZPO kommt eine Heilung des Zustellungsmangels (Art. 14 I d) EuVTVO) nach Art. 18 I EuVTVO in der Regel nicht in Betracht, da die schriftliche Benachrichtigung der Post weder einen Hinweis auf gerichtliche Schriftstücke bzw. den Absender noch die erforderliche Belehrung über die Rechtsfolgen der schriftlichen Benachrichtigung und des Fristbeginns enthält.
Mangels Heilungsmöglichkeit des Zustellungsmangels/Unterrichtungsmangels kommt bei der vorgenannten Fallgestaltung die Bestätigung der deutschen Säumnisentscheidung als Europäischer Vollstreckungstitel daher nicht in Betracht.
Die vorgenannte Zustellungsart (Ersatzzustellung durch Niederlegung i. S. d. § 181 ZPO) kommt jedoch in Deutschland wenig Bedeutung zu, da der Postbote
- falls weder der Zustellungsempfänger persönlich angetroffen wird noch eine Ersatzzustellung an eine andere Person möglich ist – die Zustellung in der Regel durch Ersatzzustellung durch Einlegen der zuzustellenden Schriftstücke in den zur Wohnung des Zustellungsempfängers gehörenden Briefkasten i. S. d. § 180 ZPO vornimmt.
Ggfs. kommt dagegen im Einzelfall eine Heilung des Zustellungsmangels nach Art. 18 II EuVTVO in Betracht, sofern und soweit der rechtzeitigen Zugang des Schriftstücks durch das Verhalten der Schuldnerpartei im gerichtlichen Verfahren nachgewiesen ist.
Welche Besonderheiten gelten für Säumnisentscheidungen gegen Verbraucher?
Deutsche Säumnisentscheidungen gegen Verbraucher können dagegen nicht als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt werden, sofern und soweit die Schuldnerpartei ihren Wohnsitz nicht in Deutschland hat, Art. 6 I d), 3 I b) u. c) EuVTVO.
Maßgeblicher Zeitpunkt hinsichtlich des Wohnsitzes ist nicht das Bestätigungsdatum sondern das Datum der gerichtlichen Entscheidung.
In welchen Fällen ist die Schuldnerpartei ein Verbraucher?
Die Schuldnerpartei ist ein Verbraucher im Sinne des Art. 6 I d) EuVTVO, falls
- die geltend gemachte Hauptforderung einen Vertrag betrifft, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit der Schuldnerpartei zuzurechnen ist
und
- die Schuldnerpartei eine natürliche Person ist.
Kann die Entscheidung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden, falls das verfahrenseinleitende Schriftstück/die Entscheidung lediglich durch Aufgabe zur Post zugestellt worden ist?
Nein.
Eine Zustellung durch Aufgabe zur Post genügt nicht den Vorschriften der Art. 13 - 15 EuVTVO,
vergl. auch Erwägungsgrund 13 EuVTVO.
Darüber hinaus ist eine Zustellung durch Aufgabe zur Post in den EU-Mitgliedstaaten nicht zulässig, da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Vorschrift des § 184 ZPO keine Anwendung auf §§ 183 V, 1068, 1089 ZPO findet.
Eine Aufforderung zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten entfaltet keine Rechtswirkungen gegen den Zustellungsempfänger in einem anderen EU-Mitgliedstaat, vergl. Beschluss des BGH vom 02. 02. 2011 - VIII ZR 190/10 – und Beschluss des BGH vom 11. 05. 2011 - VIII ZR 114/10 -.
Ggfs. ist jedoch im Einzelfall eine Heilung nach Art. 18 EuVTVO möglich.
Kann die Entscheidung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden, falls das verfahrenseinleitende Schriftstück öffentlich zugestellt worden ist?
Nein.
Eine öffentliche Zustellung genügt nicht den Vorschriften der Art. 13 - 15 EuVTVO,
vergl. auch Erwägungsgrund 13 EuVTVO.
Ggfs. ist jedoch im Einzelfall eine Heilung nach Art. 18 EuVTVO möglich.
Kann der Kostenfestsetzungsbeschluss als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt werden, falls der Kostenfestsetzungsantrag nicht der Schuldnerpartei zugestellt worden ist?
Genügt insoweit nicht die Zustellung der Klageschrift/des Mahnbescheids an die Schuldnerpartei?
Nein.
Die Zustellung der Klageschrift/des Mahnbescheids genügt nicht.
Obwohl nach den deutschen Prozessvorschriften die Zustellung des Kostenfestsetzungsantrags nicht zwingend erforderlich ist, bedarf es für die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung gleichwohl der Zustellung im Sinne der Art. 13 - 15 EuVTVO.
Ggfs. ist im Einzelfall eine Heilung des Zustellungsmangels nach Art. 18 VO EuVTVO möglich, falls der rechtzeitige Zugang des Kostenfestsetzungs-
antrags an die Schuldnerpartei durch ihr Verhalten im gerichtlichen Verfahren nachgewiesen ist (z. B. Angaben der Schuldnerpartei).
Liegen Verfahrensmängel im Sinne der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung vor, wenn der Kostenfestsetzungsantrag zugleich mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss zugestellt worden ist?
Ja.
Das Kostenfestsetzungsverfahren genügte nicht den in Art. 16, 17 EuVTVO festgelegten verfahrensrechtlichen Erfordernissen.
Als verfahrenseinleitendes Schriftstück hätte der Kostenfestsetzungsantrag der Schuldnerpartei vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses zugestellt sein müssen.
Ist eine Heilung der Verfahrensmängel möglich?
Ob eine Heilung in Betracht kommt, hängt letztlich von der jeweiligen Auslegung des Gerichts ab, weil eine Überprüfung der Kostengrundentscheidung im Beschwerdeverfahren gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ausgeschlossen ist.
Fraglich ist, ob in der Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ein Rechtsbehelf im Sinne des Art. 18 I b) EuVTVO liegen kann.
Der Rechtsbehelf muss nach dem Wortlaut des Art. 18 I b) EuVTVO eine uneingeschränkte Überprüfung umfassen.
Nach Art. 18 I EuVTVO kommt eine Heilung der Verfahrensmängel nur in Betracht, falls
- der Kostenfestsetzungsbeschluss mit dem Kostenfestsetzungsantrag der Schuldnerpartei gem. Art. 13 – 15 EuVTVO zugestellt worden ist;
-
die Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses die erforderliche Rechtsmittelbelehrung enthält
(Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Karlsruhe (I ZB 71/09) muss die Rechtsmittelbelehrung ebenfalls die Belehrung über die Möglichkeit der Anfechtbarkeit der Kostengrundentscheidung enthalten, sofern und soweit die Hauptsacheentscheidung/die Kostengrundentscheidung im Zeitpunkt der Zustellung noch nicht rechtskräftig geworden ist.);
- die Schuldnerpartei den Kostenfestsetzungsbeschluss nicht angefochten hat
und
- der Kostenfestsetzungsbeschluss rechtskräftig geworden ist.
Gerichtsentscheidungen:
- Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17.03.2010
I - 24 W 17/10 -; - Beschluss des Bundesgerichtshofs Karlsruhe vom 21.07.2011
- I ZB 71/09 -.
Sofern und soweit eine gesonderte Überprüfung der Kostengrundentscheidung im Zeitpunkt der Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses möglich ist, muss die Belehrung i. S. d. Art. 18 I b) EuVTVO sich auch auf den Rechtsbehelf gegen die Kostengrundentscheidung beziehen.
Ist trotz Nichteinhaltung der Mindestvorschriften der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung eine Heilung der Verfahrensmängel möglich?
Ja.
Trotz Nichteinhaltung der Mindestvorschriften über die Zustellung und Belehrung i. S. d. Art. 6 I EuVTVO kann nach Heilung der Verfahrensmängel u. U. der deutsche Schuldtitel als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, Art. 18 EuVTVO.
Wird die Schuldnerpartei vor Erteilung der gerichtlichen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel angehört?
Nein.
Weder die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung noch die Zivilprozessordnung sehen eine Anhörung der Schuldnerpartei vor.
Wird die gerichtliche Bestätigung (Formblatt I bzw. II EuVTVO) der Schuldnerpartei zugestellt?
Ja.
Gem. § 1080 I S. 2 ZPO ist eine Ausfertigung der Bestätigung der Schuldnerpartei von Amts wegen zuzustellen.
Durch die Zustellung soll die Schuldnerpartei die Möglichkeit haben, sich so bald wie möglich gegen die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel nach
Art. 10, (24 III) EuVTVO bzw. gegen die Zwangsvollstreckung nach Art. 23, (24 III) EuVTVO wehren zu können.
Welche Kosten entstehen für die Erteilung der gerichtlichen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel bzw. für die Erteilung der gerichtlichen Ersatzbestätigung?
- Für die Erteilung der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel (Formblatt I bzw. II EuVTVO
und
- für die Erteilung der Ersatzbestätigung (Formblatt V EuVTVO)
wird vom Gericht gem. KV Nr. 1513 GKG i. V. m. § 1079 ZPO jeweils eine Gebühr in Höhe von 20 EUR erhoben.
Welche Kosten entstehen für die Erteilung der gerichtlichen Gegenbestätigung (Formblatt IV EuVTVO)?
Für die Erteilung der Gegenbestätigung (Formblatt IV EuVTVO) wird vom Gericht gem. KV Nr. 1513 GKG i.V. m. § 1079 ZPO eine Gebühr in Höhe von 20 EUR erhoben.
Werden die verfahrensrechtlichen Mindeststandards i. S. d. Art. 19 EuVTVO vom deutschen Gesetzgeber eingehalten?
Hat die Schuldnerpartei nach den deutschen Verfahrensvorschriften (Zivilprozessordnung (ZPO)) die Möglichkeit, eine Überprüfung der Entscheidung zu beantragen, falls sie ohne eigenes Verschulden an der Verteidigung gehindert war?
Ja.
Die Überprüfungsmöglichkeiten im Sinne des Art. 19 EuVTVO ergeben sich aus den Angaben des deutschen Gesetzgebers im Europäischen Justizportal.
Die Schuldnerpartei ist nach deutschem Recht nicht nur in den in Erwägungsgrund 14, Art. 19 EuVTVO genannten Ausnahmefällen, sondern generell berechtigt, eine Überprüfung der wegen fehlenden Widerspruchs bzw. Nichterscheinens ergangenen Entscheidung zu beantragen.
Was sind in Deutschland die Rechtsmittel/Rechtsbehelfe i. S. d. Art. 19 EuVTVO?
Es handelt sich um folgende Rechtsmittel/Rechtsbehelfe:
- Einspruch gegen Versäumnisurteil (§ 338 ZPO),
- Einspruch gegen Vollstreckungsbescheid (§ 700 ZPO i. V. m. § 338 ZPO),
- Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 ZPO),
- Berufung gegen das 2. Versäumnisurteil (§ 511 II, 514 ZPO),
- Berufung gegen das Urteil nach Aktenlage (§ 511 IV ZPO).
Kann ich den ablehnenden Beschluss anfechten?
Ja,
die Gläubigerpartei kann die Ablehnung der Bestätigung (Art. 9 EuVTVO) oder Ersatzbestätigung (Art. 6 III EuVTVO) mit der sofortigen Beschwerde
gem. §§ 1080 II, 567, 569 I ZPO, 11 I RpflG anfechten;
der Rechtspfleger ist abhilfebefugt.
Die Beschwerdefrist beträgt 2 Wochen.
Die Bestätigung ist zu Unrecht erteilt worden bzw. unrichtig.
Kann die Schuldnerpartei die gerichtliche Bestätigung anfechten?
Ja;
die Schuldnerpartei kann mit dem Berichtigungsantrag oder Widerrufsantrag die gerichtliche Bestätigung anfechten, Art. 10 EuVTVO.
Ob die Schuldnerpartei die gerichtliche Bestätigung mit der befristen Erinnerung nach § 11 II RpflG anfechten kann, hängt letztlich von der Auslegung des
Art. 10 IV EuVTVO ab.
Umstritten ist, ob die Erinnerung nach § 11 II RpflG mit Art. 10 EuVTVO vereinbar ist.
Die gerichtliche Bestätigung weicht inhaltlich von dem Schuldtitel ab.
Kann die Schuldnerpartei einen Berichtigungsantrag stellen?
Ja,
s. Art. 10, (24 III) EuVTVO.
Der Berichtigungsantrag ist nicht fristgebunden.
Eine Begründung des Berichtigungsantrags ist sinnvoll.
Welche Fehler kann die Schuldnerpartei mit dem Berichtigungsantrag geltend machen?
Es kommen u. a. in Betracht:
- Schreibfehler im Formblatt,
- Auslassungen im Formblatt,
- fehlerhaft angekreuzte Felder im Formblatt.
Wo muss die Schuldnerpartei den Berichtigungsantrag stellen?
Der Antrag ist gem. Art. 10 I, (24 III) EuVTVO bei dem Gericht, das den Schuldtitel erlassen hat, zu stellen.
Über den Antrag entscheidet der Rechtspfleger.
Wie erfolgt die Antragstellung?
Der Berichtigungsantrag kann
- schriftlich
oder
- mit dem Formblatt VI EuVTVO
gestellt werden.
Das Formblatt VI EuVTVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.
Die Übersetzung des Formblatts in die deutsche Sprache erfolgt durch die Auswahl der Sprache über das Dropdown-Listenfeld.
Für die Antragstellung besteht kein Anwaltszwang, § 13 RpflG.
Kann die Schuldnerpartei den Europäischen Vollstreckungstitel anfechten, wenn die gerichtliche Bestätigung des Schuldtitels zu Unrecht erfolgte?
Ja.
Gem. Art. 10, (24 III) EuVTVO kann die Schuldnerpartei einen Antrag auf Widerruf stellen.
In welchen Fällen ist die Antragstellung unzulässig?
Wann ist der Widerrufsantrag ausreichend begründet?
Wann liegt ein Aufhebungsgrund vor?
Die Widerrufsantrag ist jedoch unbegründet, falls
- die Mindestvorschriften der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung (Art. 2, 3 und 6 EuVTVO) eingehalten worden sind,
- die verfahrensrechtlichen Erfordernisse i. S. d. Art. 13 - 17 EuVTVO oder Zustellungsmängel i. S. d. Art. 13 - 15 EuVTVO vorliegen und eine Heilung der Verfahrensmängel/Zustellungsmängel nach Art. 18 EuVTVO eingetreten ist.
Die Schuldnerpartei kann den Widerrufsantrag nur damit begründen, dass sie
- wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs bei der Verfahrenseinleitung nicht in das Verfahren einlassen konnte
- aufgrund höherer Gewalt oder sonstiger außergewöhnlicher Umstände keinen Einspruch gegen die Forderung oder den Schuldtitel erheben konnte.
Der Schuldtitel kann daher nur aus den vorgenannten Gründen aufgehoben werden.
Muss die Schuldnerpartei den Widerrufsantrag begründen?
Ja.
Die pauschale Behauptung genügt insoweit nicht.
Die Schuldnerpartei muss konkret darlegen, welche Voraussetzungen nicht erfüllt sind, vergl. § 1081 II S. 4 ZPO.
Für das Vorliegen der Mängel trägt die Schuldnerpartei die Darlegungs- und Beweislast.
Wo muss die Schuldnerpartei den Widerrufsantrag stellen?
Der Antrag ist gem. Art. 10 I, (24 III) EuVTVO bei dem Gericht, das den Schuldtitel erlassen hat, zu stellen.
Über den Antrag entscheidet der Rechtspfleger.
Wie erfolgt die Antragstellung?
Der Widerrufsantrag kann
- schriftlich
oder
- mit dem Formblatt VI EuVTVO
gestellt werden.
Das Formblatt VI EuVTVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.
Die Übersetzung des Formblatts in die deutsche Sprache erfolgt durch die Auswahl der Sprache über das Dropdown-Listenfeld.
Für die Antragstellung besteht kein Anwaltszwang, § 13 RpflG.
Ist der Antrag fristgebunden?
Ja.
Gem. § 1081 II ZPO muss die Schuldnerpartei den Widerrufsantrag innerhalb
- 1 Monats
(im Falle der Inlandszustellung an Schuldnerpartei)
oder
- 2 Monate
(im Falle der Auslandszustellung an Schuldnerpartei)
stellen.
Die vorgenannte Frist beginnt mit der Zustellung
- der Bestätigung
oder
- des Schuldtitels;
der spätere Zeitpunkt ist maßgebend.
Im Regelfall beginnt die Frist mit der Zustellung der Bestätigung an die Schuldnerpartei.
In welchen Fällen weist das Gericht den Widerrufsantrag zurück?
Das Gericht weist den Antrag zurück, falls
-
der Widerrufsantrag nicht rechtzeitig gestellt worden ist
(Versäumung der Frist des § 1081 II ZPO)
oder
- keine Aufhebungsgründe vorliegen.
Was sind die Rechtsfolgen der Antragsrückweisung?
Die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel bleibt in Kraft.
Was sind die Rechtsfolgen der antragsgemäßen Entscheidung?
Die Bestätigung wird aufgehoben.
Das Amtsgericht kann auf Antrag der Schuldnerpartei die Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung einstellen.
Kann ich den Widerrufsbeschluss bzw. Berichtigungsbeschluss anfechten?
Ja.
Die Gläubigerpartei kann den Widerrufsbeschluss bzw. Berichtigungsbeschluss mit der sofortigen Beschwerde anfechten, §§ 1081 III, 319 III, 567 I, 569 ZPO,
11 I RpflG;
der Rechtspfleger ist abhilfebefugt.
Die Beschwerdefrist beträgt 2 Wochen.
Kann die Schuldnerpartei den ablehnenden Beschluss anfechten?
Ja.
Die Schuldnerpartei kann die Ablehnung des Widerrufs- oder Berichtigungsantrags mit der befristeten Erinnerung anfechten, §§ 1081 III, 319 III ZPO, 11 II RpflG;
der Rechtspfleger ist abhilfebefugt.
Die Erinnerungsfrist beträgt 2 Wochen.
Die als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidung ist nicht mehr vollstreckbar bzw. ihre Vollstreckbarkeit wurde ausgesetzt oder eingeschränkt.
Kann die Schuldnerpartei einen Antrag auf Erteilung einer gerichtlichen Gegenbestätigung (Formblatt IV EuVTVO) stellen?
Ja, Art. 6 II, (24 III) EuVTVO.
Die Gegenbestätigung i. S. d. Art. 6 II, (24 III) EuVTVO (Bestätigung der Nichtvollstreckbarkeit) erfolgt mit dem Formblatt IV EuVTVO.
Dies gilt sowohl für die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung als auch für den Widerruf der Bestätigung.
Die Erteilung der Gegenbestätigung erfolgt durch den Rechtspfleger,
Art. 6 II, (24 III) EuVTVO, 1079 ZPO, 20 Zi. 11 RpflG.
Das Formblatt IV EuVTVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.
Die Übersetzung des Formblatts in die Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats erfolgt durch die Auswahl der Sprache über das Dropdown-Listenfeld.
Für die Antragstellung besteht kein Anwaltszwang, § 13 RpflG.
Kann ich die Gegenbestätigung (Bestätigung der Nichtvollstreckbarkeit) anfechten?
Ja,
die Gläubigerpartei kann die Gegenbestätigung mit der Erinnerung anfechten, § 732 ZPO analog.
Der Rechtspfleger ist abhilfebefugt.
Kann die Schuldnerpartei die Zurückweisung des Gegenbestätigungsantrags anfechten?
Ja.
Die Zurückweisung des Gegenbestätigungsantrags kann von der Schuldnerpartei mit der sofortigen Beschwerde (§§ 1080 II, 567 I, 569 I ZPO, 11 I RpflG) bzw. mit der befristeten Erinnerung (§ 11 II RpflG) angefochten werden.
Die Beschwerdefrist bzw. Erinnerungsfrist beträgt 2 Wochen.
Der Rechtspfleger ist abhilfebefugt.
Der Rechtsbehelf hatte keinen Erfolg.
Was sind die Rechtsfolgen?
Hatte der Rechtsbehelf keinen Erfolg, kann die Gläubigerpartei einen Antrag auf Erteilung einer Ersatzbestätigung für die vollstreckbare Rechtsbehelfsentscheidung stellen.
Antragstellung erfolgt in Schriftform.
Die Ersatzbestätigung erfolgt mit dem Formblatt V EuVTVO.
Die Erteilung der Ersatzbestätigung i. S. d. Art. 6 III, (24 III) EuVTVO, § 1079 ZPO (Formblatt V EuVTVO) erfolgt durch den Rechtspfleger, § 20 Zi. 11 RpflG.
Das Formblatt V EuVTVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.
Die Übersetzung des Formblatts in die Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats erfolgt durch die Auswahl der Sprache über das Dropdown-Listenfeld.
Für die Antragstellung besteht kein Anwaltszwang, § 13 RpflG.
Der Rechtsbehelf war erfolgreich.
Was sind die Rechtsfolgen?
Hatte der Rechtsbehelf Erfolg, kann die Schuldnerpartei einen Antrag auf Erteilung einer Bestätigung der Nichtvollstreckbarkeit nach Art. 6 II, (24 III) EuVTVO (auch „Gegenbestätigung“ genannt) stellen.
Die Erteilung der Gegenbestätigung i. S. d. Art. 6 II, (24 III) EuVTVO, 1079 ZPO (Formblatt IV EuVTVO) erfolgt durch den Rechtspfleger, § 20 Zi. 11 RpflG.
Das Formblatt IV EuVTVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.
Die Übersetzung des Formblatts in die Amtssprache des Vollstreckungs-mitgliedstaats erfolgt durch die Auswahl der Sprache über das Dropdown-Listenfeld.
Für die Antragstellung besteht kein Anwaltszwang, § 13 RpflG.
Welche Besonderheiten gelten im Falle der Anfechtung der deutschen Entscheidung, die als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist?
Ist nach Anfechtung einer Entscheidung, die als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist, eine Rechtsbehelfsentscheidung ergangen, so wird auf jederzeitigen Antrag unter Verwendung des Formblatts V EuVTVO eine gerichtliche Ersatzbestätigung erteilt, wenn diese deutsche Rechtsbehelfs-entscheidung vollstreckbar ist, Art. 6 III EuVTVO.
Trotz des Bestreitens der Forderung kann die Ersatzbestätigung erteilt werden, Art. 3 II EuVTVO.
Welche Unterlagen muss ich dem ausl. Vollstreckungsorgan vorlegen?
Die von der Gläubigerpartei vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 20 II, (24) EuVTVO:
- (vollstreckbare) Ausfertigung der Entscheidung/des Vergleichs
- ggfs. mit Zustellungsbescheinigung -, - Ausfertigung der gerichtlichen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel (Formblatt I bzw. II EuVTVO)
mit Zustellungsbescheinigung, - ggfs. Übersetzung der Unterlagen in der Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats.
Handelt es sich bei der Entscheidung um eine Säumnisentscheidung, so bedarf es nicht der Vorlage der Bescheinigung über die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks/des gleichwertigen Schriftstücks/der Ladung zum Gerichtstermin.
In der Regel ist die Beifügung von Übersetzungen nicht erforderlich, da es sich bei der Bestätigung um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschriften und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.
Eine Übersetzung ist daher nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich, vergl. Art. 20 II c) EuVTVO.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Vollstreckungsklausel zu der Entscheidung/dem Vergleich?
Nein.
Da die Vollstreckungsklausel insoweit durch die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel ersetzt wird, bedarf es grundsätzlich nicht der Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des deutschen Schuldtitels gegenüber dem ausl. Vollstreckungsorgan.
Ob trotz der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel im Einzelfall die Erteilung der Vollstreckungsklausel nach §§ 724, 726, 727 ff., (794 I, 795) ZPO zu dem deutschen Schuldtitel erforderlich ist, hängt jedoch gem. Art. 20 I, (24 III) EuVTVO von den jeweiligen Prozessvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab (Parallelbestimmung zu § 1082 ZPO?).
Dennoch ist die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels hilfreich, da diese als Nachweis des Bestehens der titulierten Forderung dient.
Zahlungen bzw. Teilzahlungen werden vom Gerichtsvollzieher auf dem vollstreckbaren Schuldtitel vermerkt, §§ 757 I, (794 I, 795) ZPO.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Bescheinigung über die Zustellung der Entscheidung/des Vergleichs an die Schuldnerpartei?
Ja.
In Hinblick auf Art. 20 I, (24 III) EuVTVO bedarf es der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zum deutschen Schuldtitel.
Ggfs. reicht eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung aus.
Ob die Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu dem deutschen Schuldtitel erforderlich ist, hängt jedoch gem. Art. 20 I, (24 III) EuVTVO von den jeweiligen Prozessvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab (Parallelbestimmung zu §§ 750, (794 I, 795) ZPO?).
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Bescheinigung über die Zustellung der gerichtlichen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel an die Schuldnerpartei?
Ja.
In Hinblick auf § 1080 I S. 2 ZPO bedarf es der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu der gerichtlichen Bestätigung.
Ggfs. reicht eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung aus.
Die Entscheidung ist nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar und noch nicht rechtskräftig.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung im EU-Ausland einen Urkundennachweis über die Sicherheitsleistung bzw. eine Rechtskraft-bescheinigung?
Ja.
Nach den deutschen Prozessvorschriften für die Erteilung einer Vollstreckungsklausel (§ 726 I ZPO) muss die Gläubigerpartei den Nachweis nicht im Klauselerteilungsverfahren vorlegen.
Eine ggfs. der Gläubigerpartei obliegende Sicherheitsleistung ist erst von dem ausländischen Vollstreckungsorgan zu prüfen, Art. 20 I EuVTVO.
Sofern in der Entscheidung eine Sicherheitsleistung angeordnet ist, bedarf es für die Zwangsvollstreckung im EU-Ausland des Nachweises der Sicherheitsleistung oder der Vorlage des Rechtskraftzeugnisses.
Der Sicherheitsleitung kommt jedoch kaum Bedeutung zu, da Anerkenntnisurteile und Versäumnisurteile bereits kraft Gesetzes (§ 708 Zi. 1, 2 ZPO) ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar sind.
Welche Besonderheiten muss ich bei der Zwangsvollstreckung in Österreich beachten?
Bitte beachten Sie, dass zur Durchführung der Zwangsvollstreckung in Österreich ein Exekutionsantrag erforderlich ist.
- Zwangsvollstreckungsverfahren in Österreich
Informationen aus dem österreichischen Justizportal
- elektronische Formulare
Exekutionsantrag.
Bitte beachten Sie, dass zur Durchführung der Zwangsvollstreckung in Österreich ein Exekutionsantrag erforderlich ist.
- Angaben der EU-Mitgliedstaaten zur EU-Verordnung Nr. 805/2004
Für weitere Informationen zu dem gewünschten EU-Mitgliedstaat klicken Sie bitte auf die betreffende Fahne.
- Angaben der EU-Mitgliedstaaten zur Zwangsvollstreckung
Für weitere Informationen zu dem gewünschten EU-Mitgliedstaat klicken Sie bitte auf die betreffende Fahne.
- Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung (EuVTVO)
EU-Verordnung Nr. 805/2004
- Formulare
- Leitfaden zur EU-Verordnung Nr. 805/2004
Infobroschüre der Europäischen Kommission zum Europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen
- Europäisches Verzeichnis der Gerichtsvollzieher
Europäischer Zahlungsbefehl
EU-Verordnung Nr. 1896/2006 (EuMVVO)
Muss ich für die Zwangsvollstreckung aus dem deutschen Europäischen Zahlungsbefehl zuvor das Vollstreckbarerklärungsverfahren in dem anderen EU-Mitgliedstaat durchführen?
Nein.
Nach der Europäischen Mahnverfahrensverordnung bedarf die Gläubigerpartei zur Einleitung der Zwangsvollstreckung aus einem deutschen Europäischen Zahlungsbefehl lediglich der Erklärung über die Vollstreckbarkeit.
Die Erklärung über die Vollstreckbarkeit mittels Formblatt G EuMVVO ist nicht zu verwechseln mit der Vollstreckbarerklärung im Exequaturverfahren.
Diese ist für den Europäischen Zahlungsbefehl abgeschafft worden.
Kann ich aus dem deutschen Europäischen Zahlungsbefehl unmittelbar die Zwangsvollstreckung in dem anderen EU-Mitgliedstaat betreiben?
Ja.
Die Europäische Mahnverfahrensverordnung ermöglicht die direkte Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat.
Die Gläubigerpartei kann sich daher in dem anderen EU-Mitgliedstaat direkt an das Vollstreckungsorgan wenden.
Soll z. B. aus einem deutschen Europäischen Zahlungsbefehl in den Niederlanden vollstreckt werden, so kann die Gläubigerpartei sich direkt an den Gerichtsvollzieher in den Niederlanden wenden.
Ein deutscher Europäischer Zahlungsbefehl ist in den anderen EU-Mitgliedstaaten zu vollstrecken wie eine nationale Entscheidung, Erwägungsgrund 27 und Art. 21 I EuMVVO.
Weder der Europäische Zahlungsbefehl noch die Vollstreckbarerklärung dürfen im Vollstreckungsmitgliedstaat in der Sache selbst nachgeprüft werden.
Wie ist der örtliche Anwendungsbereich der Europäischen Mahnverfahrensverordnung?
Die EU-Verordnung Nr. 1896/2006 gilt für alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark, Erwägungsgrund 32, Art. 2 III EuMVVO, Erwägungsgrund 26 Änderungsverordnung.
Ein Europäischer Zahlungsbefehl kann daher nicht in Dänemark vollstreckt werden.
Ein Europäischer Zahlungsbefehl des Amtsgerichts Wedding aus den ab 01.01.2021 neu eingeleiteten Mahnverfahren kann aufgrund des Brexit nicht mehr mit dem Formblatt G EuMVVO unmittelbar im Vereinigten Königreich vollstreckt werden.
Von wem erhalte ich die Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO)?
Die Vollstreckbarerklärung erhalten Sie vom Amtsgericht Wedding - Europäisches Mahngericht Deutschland -, § 1087 ZPO.
Es bedarf keines weiteren Antrags.
Das Amtsgericht Wedding erteilt der Gläubigerpartei von Amts wegen die Vollstreckbarerklärung.
Das Formblatt G EuMVVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.
Art. 18 I, 21 II EuMVVO sieht in Hinblick auf das EU-einheitliche Formblatt die Amtssprache des Ursprungsmitgliedstaats vor.
Dennoch ist die Auswahl der Sprache des Vollstreckungsmitgliedstaats sinnvoll und hilfreich, da dem Gerichtsvollzieher oftmals die europäischen Formulare nicht geläufig sind bzw. unbekannt sind.
Benötige ich für die Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO) einen Urkundennachweis über die Rechtsnachfolge i. S. d. §§ 727 ff. ZPO?
Ja.
Da die Erklärung über die Vollstreckbarkeit (Formblatt G EuMVVO) die Funktion einer Vollstreckungsklausel übernimmt, bedarf es insoweit der Vorlage des urkundlichen Nachweises über die Rechtsnachfolge auf Gläubiger- oder Schuldnerseite.
Der Urkundennachweis ist dagegen nicht erforderlich, sofern die Rechtsnachfolge dem Amtsgericht Wedding bereits offenkundig ist.
Welche Voraussetzungen müssen für die Erteilung der Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO) erfüllt sein?
Keine.
Im Gegensatz zu der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung (Art. 6 I EuVTVO) prüft das Amtsgericht Wedding nicht die Einhaltung der Verfahrensregeln der Europäischen Mahnverfahrensverordnung, Art. 18 I EuMVVO.
Kann der Europäische Zahlungsbefehl durch Aufgabe zur Post zugestellt werden?
Nein.
Eine Zustellung durch Aufgabe zur Post genügt nicht den Vorschriften der Art. 13 - 15 EuMVVO,
vergl. auch Erwägungsgrund Nr. 19 EuMVVO.
Ggfs. ist jedoch im Einzelfall eine Heilung nach Art. 20 EuMVVO möglich, falls die Schuldnerpartei eine effektive Verteidigungsmöglichkeit hatte.
Kann der Europäische Zahlungsbefehl öffentlich zugestellt werden?
Nein.
Eine öffentliche Zustellung genügt nicht den Vorschriften der Art. 13 - 15 EuMVVO, vergl. auch Erwägungsgrund Nr. 19 EuMVVO.
Ggfs. ist jedoch im Einzelfall eine Heilung nach Art. 20 EuMVVO möglich, falls die Schuldnerpartei eine effektive Verteidigungsmöglichkeit hatte.
Können Zustellungsmängel i. S. d. Art. 13, 14 EuMVVO geheilt werden?
Ja,
Art. 20 EuMVVO.
Eine Heilung der Zustellungsmängel ist möglich, sofern der Schuldnerpartei eine effektive Verteidigung möglich war.
Wird die Schuldnerpartei vor Erteilung der Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO) angehört?
Nein.
Weder der europäische Gesetzgeber (Europäische Mahnverfahrensverordnung) noch der deutsche Gesetzgeber (Zivilprozessordnung) sehen eine Anhörung der Schuldnerpartei vor.
Das Amtsgericht Wedding hat den Europäischen Zahlungsbefehl antragsgemäß erlassen und mit dem Formblatt G EuMVVO für vollstreckbar erklärt.
Kann die Schuldnerpartei den Europäischen Zahlungsbefehl in Deutschland nach den Vorschriften der Europäischen Mahnverfahrensverordnung noch nach Ablauf der Einspruchsfrist anfechten?
Ja.
Die Schuldnerpartei kann ggfs. gem. Art. 20 EuMVVO einen Antrag auf Überprüfung des Europäischen Zahlungsbefehls stellen,
- aufgrund Verletzung rechtlichen Gehörs, falls sie sich ohne eigenes Verschulden nicht auf das Verfahren eingelassen hat (Art. 20 I EuMVVO)
oder
- falls der Europäische Zahlungsbefehl zu Unrecht erlassen worden ist (Art. 20 II EuMVVO).
Wann ist der Überprüfungsantrag ausreichend begründet?
Wann liegt eine unverschuldete Säumnis der Schuldnerpartei vor?
Die Schuldnerpartei kann den Überprüfungsantrag nur damit begründen, dass
- die Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls ohne Empfangsnachweis i. s. d. Art. 14 EuMVVO erfolgte
(Ersatzzustellung,
postalische Zustellung in Deutschland ohne Zustellungsnachweis
oder
elektronische Zustellung mit automatisch erstellter Sendebestätigung)
und die tatsächliche Kenntnisnahme von der
Zustellung nicht rechtzeitig für ihre Verteidigung
erfolgte
und
- sie aufgrund höherer Gewalt oder sonstiger außergewöhnlicher Umstände ohne eigenes Verschulden keinen Einspruch gegen den Europäischen Zahlungsbefehl einlegen konnte.
oder
- Der Europäische Zahlungsbefehl zu Unrecht erlassen worden ist.
Entgegen dem Wortlaut der Vorschrift ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Schuldnerpartei Kenntnis von der Zustellung erhalten hat, also so spät, dass sie keine vernünftige Überlegungsfrist mehr hatte, ob sie Einspruch einlegen soll,
Erwägungsgrund 25, 20 II EuMVVO
Muss die Schuldnerpartei die Überprüfungsgründe darlegen und ggfs. beweisen?
Ja.
Die Schuldnerpartei trägt insoweit die Darlegungs- und Beweislast, §§ 1092 II, 294 ZPO.
Wo muss die Schuldnerpartei den Überprüfungsantrag stellen?
Der Antrag ist gem. § 1087 ZPO bei dem Amtsgericht Wedding in Berlin zu stellen.
Wie erfolgt die Antragstellung?
Die Antragstellung erfolgt schriftlich.
Ein EU-einheitliches Formblatt für den Überprüfungsantrag im Sinne d. Art. 20 EuMVVO ist nicht vorhanden.
Ist der Antrag fristgebunden?
Ja.
Der Antrag muss unverzüglich („ohne schuldhaftes Zögern“) gestellt werden, Art. 20 I EuMVVO.
Ob das Zögern schuldhaft ist, hängt u. a. vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme von dem Europäischen Zahlungsbefehl und der Tatsache ab, ob die Schuldnerpartei von der Existenz des Überprüfungsantrags i. S. d. Art. 20 EuMVVO Kenntnis hatte.
In welchen Fällen ist die Antragstellung unzulässig?
Die Antragstellung nach Art. 20 EuMVVO ist jedoch unzulässig, sofern
- der Antrag nicht unverzüglich gestellt worden ist
oder
- ein Aufhebungsgrund nicht vorliegt.
Kann die Schuldnerpartei mit dem Überprüfungsantrag einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung stellen?
Ja.
Die Zwangsvollstreckung kann auf Antrag der Schuldnerpartei während des laufenden Überprüfungsverfahrens einstweilen eingestellt oder eine Sicherheitsleistung angeordnet werden, § 1095 I ZPO i.V. m. §§ 719 I S. 1, 707 I S. 1 ZPO.
In welchen Fällen weist das Gericht den Überprüfungsantrag zurück?
Das Gericht weist den Antrag zurück, falls
-
der Überprüfungsantrag nicht unverzüglich gestellt worden ist
(vergl. Art. 20 EuMVVO).
- kein Fall unverschuldeter Säumnis vorliegt.
oder
- kein Aufhebungsgrund vorliegt.
Was sind die Rechtsfolgen der Antragsrückweisung?
Der Europäische Zahlungsbefehl bleibt in Kraft.
Was sind die Rechtsfolgen der antragsgemäßen Entscheidung?
Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Überprüfung des Europäischen Zahlungsbefehls gerechtfertigt ist, wird der Europäische Zahlungsbefehl aufgehoben;
das Europäische Mahnverfahren ist beendet, § 1092 III ZPO.
Das Gericht fordert die Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO) von der Gläubigerpartei zurück, um eine (weitere) Zwangsvollstreckung auszuschließen.
Kann die Schuldnerpartei den Europäischen Zahlungsbefehl wegen fehlender oder fehlerhafter Zustellung anfechten?
Ja,
die Schuldnerpartei kann einen Antrag auf Aufhebung des Europäischen Zahlungsbefehls stellen, § 1092 a ZPO.
Die Frist für die Antragstellung beträgt 1 Monat ab Kenntnis vom Erlass des Europäischen Zahlungsbefehls.
Die pauschale Behauptung des Zustellungsmangels genügt nicht;
für das Vorliegen des Zustellungsmangels trägt die Schuldnerpartei die Darlegungs- und Beweislast.
Kann die Schuldnerpartei mit dem Aufhebungsantrag einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung stellen?
Ja.
Die Zwangsvollstreckung kann auf Antrag der Schuldnerpartei während des laufenden Aufhebungsverfahrens einstweilen eingestellt oder eine Sicherheitsleistung angeordnet werden, § 1095 I ZPO i.V. m. §§ 719 I S. 1, 707 I S. 1 ZPO.
Welche Unterlagen muss ich dem ausl. Vollstreckungsorgan vorlegen?
Die von der Gläubigerpartei vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 21 II EuMVVO:
- Ausfertigung des Europäischen Zahlungsbefehls (Formblatt E EuMVVO),
- Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO),
- ggfs. Übersetzung der Unterlagen in der erforderlichen Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats.
In der Regel ist die Beifügung von Übersetzungen nicht erforderlich, da es sich bei der Bescheinigung um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschriften und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.
Eine Übersetzung ist daher nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich, vergl. Art. 21 II b, 29 I d) EuMVVO.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine (gesonderte) Bescheinigung über die Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls (Formblatt E EuMVVO) an die Schuldnerpartei?
Nein.
Da die Vollstreckbarerklärung bereits die Zustellung an den Antragsgegner bescheinigt (s. Seite 2 des Formblatts G EuMVVO), ist die Vorlage einer (gesonderten) Bescheinigung über die Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls nicht erforderlich.
Die Vorlage der Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO) reicht als Zustellungsbescheinigung insoweit aus.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Vollstreckungsklausel zum Europäischen Zahlungsbefehl (Formblatt E EuMVVO)?
Nein.
Da die Vollstreckungsklausel insoweit durch die Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO) ersetzt wird, bedarf es grundsätzlich nicht der Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des Europäischen Zahlungsbefehls gegenüber dem ausl. Vollstreckungsorgan.
Ob trotz der Vollstreckbarerklärung im Einzelfall die Erteilung einer Vollstreckungsklausel nach §§ 724, 726, 727 ff., (794 I, 795) ZPO zu dem Europäischen Zahlungsbefehl erforderlich ist, hängt jedoch gem. Art. 21 I EuMVVO von den jeweiligen Prozessvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab (Parallelbestimmung zu § 1093 ZPO?).
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Bescheinigung über die Zustellung der Vollstreckbarerklärung (Formblatt G EuMVVO) an die Schuldnerpartei?
Nein.
Der europäische Gesetzgeber (Art. 18 ff. EuMVVO) verlangt nicht die Zustellung der Vollstreckbarerklärung an die Schuldnerpartei.
Ob die Vorlage einer Zustellungsbescheinigung erforderlich ist, hängt letztlich von den nationalen Prozessvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab, Art. 21 I EuMVVO (Parallelbestimmung zu §§ 750 I, (794 I, 795 ZPO?).
In welchen Fällen kann die zuständige Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat die Zwangsvollstreckung verweigern?
Gem. Art. 22 EuMVVO wird auf Antrag der Schuldnerpartei die Zwangsvollstreckung bei Titelkollision (Unvereinbarkeit des Europäischen Zahlungsbefehls mit einem(r) anderen früheren Zahlungsbefehl/Entscheidung) verweigert, falls die Schuldnerpartei den Kollisionseinwand im Erkenntnisverfahren nach den deutschen Verfahrensvorschriften (Zivilprozessordnung) in Deutschland nicht geltend machen konnte.
In welchen Fällen kann die zuständige Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Europäischen Zahlungsbefehl des Amtsgerichts Wedding beschließen?
Gem. Art. 23 EuMVVO kann die zuständige Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat auf Antrag der Schuldnerpartei die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beschließen, falls die Schuldnerpartei in Deutschland einen Überprüfungsantrag nach Art. 20 EuMVVO gestellt hat.
Die zuständige Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat kann auch stattdessen die Zwangsvollstreckung auf Sicherungsmaßnahmen beschränken oder eine Sicherheitsleistung anordnen.
In welchen Fällen kann die Schuldnerpartei materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch (Erfüllung, Erlass, Aufrechnung) erheben?
Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch können im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden, §§ 1096 II, 1086 ZPO.
Diese sind jedoch nur zulässig, soweit die Einwendungen erst nach Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls entstanden sind und mit Einspruch gegen den Europäischen Zahlungsbefehl nicht mehr geltend gemacht werden können, § 1095 II ZPO.
Welche Besonderheiten muss ich bei der Zwangsvollstreckung in Österreich beachten?
Bitte beachten Sie, dass zur Durchführung der Zwangsvollstreckung in Österreich ein Exekutionsantrag erforderlich ist.
- Zwangsvollstreckungsverfahren in Österreich
Informationen aus dem österreichischen Justizportal
- elektronische Formulare
Exekutionsantrag.
- Angaben der EU-Mitgliedstaaten zur EU-Verordnung Nr. 1896/2006
Für weitere Informationen zu dem gewünschten EU-Mitgliedstaat klicken Sie bitte auf die betreffende Fahne.
- Angaben der EU-Mitgliedstaaten zur Zwangsvollstreckung:
Für weitere Informationen zu dem gewünschten EU-Mitgliedstaat
klicken Sie bitte auf die betreffende Fahne.
- Europäische Mahnverfahrensverordnung (EuMVVO)
EU-Verordnung Nr. 1896/2006
- Änderungsverordnung vom 16.12.2015
EU-Verordnung Nr. 2015/2421
- Formulare
- Leitfaden zum Europäischen Mahnverfahren
Infobroschüre der Europäischen Kommission zum Europäischen Zahlungsbefehl
- Europäisches Verzeichnis der Gerichtsvollzieher
Europäische Bagatellverfahrens-Verordnung (EuGFVO)
EU-Verordnung Nr. 861/2007 (Small-Claims-Verordnung)
Muss ich für die Zwangsvollstreckung aus dem im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenen Urteil/errichteten Vergleich zuvor das Vollstreckbarerklärungsverfahren in dem anderen EU-Mitgliedstaat durchführen?
Nein.
Nach der Europäischen Bagatellverfahrensverordnung bedarf die Gläubigerpartei zur Einleitung der Zwangsvollstreckung lediglich der gerichtlichen Bestätigung (Formblatt D EuGFVO).
Die vorgenannte Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) ist nicht zu verwechseln mit der Vollstreckbarerklärung im Exequaturverfahren.
Diese ist für das/den im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen erlassene Urteil/errichteten Vergleich abgeschafft worden.
Kann ich aus dem im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenen Urteil/errichteten Vergleich unmittelbar die Zwangsvollstreckung in dem anderen EU-Mitgliedstaat betreiben?
Ja.
Die Europäische Bagatellverfahrensverordnung ermöglicht die direkte Vollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat.
Die Gläubigerpartei kann sich daher in dem anderen EU-Mitgliedstaat direkt an das Vollstreckungsorgan wenden.
Soll z. B. aus einem im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenen deutschen Urteil in den Niederlanden vollstreckt werden, so kann die Gläubigerpartei sich direkt an den Gerichtsvollzieher in den Niederlanden wenden.
Ein im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenes Urteil/errichteter Vergleich ist in den anderen EU-Mitgliedstaaten zu vollstrecken wie eine nationale Entscheidung, Art. 21 I EuGFVO.
Weder das Urteil/der Vergleich noch ihre Bestätigung dürfen im Vollstreckungsmitgliedstaat in der Sache selbst nachgeprüft werden.
Wie ist der örtliche Anwendungsbereich der Europäischen Bagatellverfahrensverordnung?
Die EU-Verordnung Nr. 861/2007 gilt für alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark, Erwägungsgrund 38, Art. 2 III EuGFVO, Erwägungsgrund 26 Änderungsverordnung.
Ein Schuldtitel im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ist in Dänemark nicht vollstreckbar.
Ein deutscher Schuldtitel im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen aus den ab 01.01.2021 neu eingeleiteten Verfahren kann aufgrund des Brexit nicht mehr mit dem Formblatt D EuGFVO unmittelbar im Vereinigten Königreich vollstreckt werden.
Wie und von wem erhalte ich die gerichtliche Bestätigung des im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenen Urteils (Formblatt D EuGFVO)?
Die gerichtliche Bestätigung bedarf eines Antrags.
Der Antrag kann jederzeit an das Gericht gestellt werden;
dieser kann sogar bereits in dem verfahrenseinleitenden Schriftstück (s. Ziffer 11.1 und 11.2 des Klageformblatts (Formblatt A EuGFVO)) gestellt werden.
Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 13 RpflG, Art. 10, 21 III EuGFVO.
Die Erteilung der Bestätigung i. S. d. Art. 20 EuGFVO, § 1106 ZPO erfolgt durch den Rechtspfleger, § 20 Zi. 11 RpflG.
Bitte wenden Sie sich ggfs. insoweit an das Gericht;
der Rechtspfleger wird auf Antrag die vorgenannte Bestätigung unter Verwendung des Formblatts D EuGFVO (Ziffer 4.1 - 4.3.2 bzw. Ziffer 5.1 – 5.3.2) erteilen.
Das Formblatt D EuGFVO steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.
Art. 20 II, 21 II b) EuGFVO sieht in Hinblick auf das EU-einheitliche Formblatt die Amtssprache des Ursprungsmitgliedstaats vor.
Dennoch ist die Auswahl der Sprache des Vollstreckungsmitgliedstaats sinnvoll und hilfreich, da dem Gerichtsvollzieher oftmals die europäischen Formulare nicht geläufig sind bzw. unbekannt sind.
Benötige ich für die gerichtliche Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) eine Vollstreckungsklausel zum Urteil/Vergleich?
Nein,
Art. 20 II EuGVFO.
Benötige ich für die gerichtliche Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) eine Rechtskraftbescheinigung?
Nein.
Das Urteil im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ist ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar, Art. 15 I EuGFVO, § 1105 I ZPO.
Benötige ich für die gerichtliche Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) einen Urkundennachweis über den Bedingungseintritt i. S. d. § 726 I ZPO oder über die Rechtsnachfolge i. S. d. §§ 727 ff. ZPO?
Ja.
Da die Bestätigung die Funktion einer Vollstreckungsklausel übernimmt, bedarf es insoweit der Vorlage des urkundlichen Nachweises über den Bedingungseintritt bzw. die Rechtsnachfolge auf Gläubiger- oder Schuldnerseite.
Der (erneute) Urkundennachweis ist dagegen nicht erforderlich, sofern der Bedingungseintritt bzw. die Rechtsnachfolge dem Gericht bereits offenkundig ist oder bereits zuvor eine Vollstreckungsklausel zu dem Urteil/Vergleich nach §§ 724, 726, 727 ff. ZPO erteilt worden ist und die Tatsache (Bedingung) bzw. die Rechtsnachfolge somit von dem Gericht bereits zuvor geprüft worden ist.
Benötige ich für die gerichtliche Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) ebenfalls einen Urkundennachweis über meine Zug um Zug-Leistung an die Schuldnerpartei i. S. d. § 726 II ZPO?
Hängt die Zwangsvollstreckung von einer Zug um Zug-Leistung der Gläubigerpartei ab, kann das Urteil/der Vergleich nur dann im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen bestätigt werden (Formblatt D EuGFVO), wenn die Gläubigerpartei dem Gericht nachweist, dass sie vorgeleistet hat oder die ihr obliegende Leistung in Annahmeverzug begründender Weise der Schuldnerpartei angeboten hat.
Da es Zug um Zug-Verurteilungen nicht in allen Mitgliedstaaten gibt, kann der Nachweis über die Schuldnerbefriedigung oder den Annahmeverzug der Schuldnerpartei dem ausl. Vollstreckungsorgan nicht überlassen bleiben, dem derartige Feststellungen aus o. g. Gründen möglicherweise unbekannt sind.
Da die Bestätigung die Funktion einer Vollstreckungsklausel übernimmt, bedarf es daher aus den o. g. Gründen - entgegen §§ 726 II, 756, 765 ZPO i. V. m. Art. 21 II EuGFVO - der Vorlage des Nachweises über die Schuldnerbefriedigung oder den Annahmeverzug der Schuldnerpartei.
Welche Voraussetzungen müssen für die gerichtliche Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) erfüllt sein?
Keine.
Im Gegensatz zu der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung (Art. 6 I EuVTVO) prüft das Gericht nicht die Einhaltung der Verfahrensregeln der Europäischen Bagatellverfahrensverordnung, Art. 20 II EuGFVO.
Kann das Gericht zu einem Vergleich im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ebenfalls eine Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) erteilen?
Ja,
Art. 23 a) EuGFVO, Erwägungsgrund 18 Änderungsverordnung
(Ziffer 5.1 – 5.3.2 des Formblatts D EuGFVO).
Kann das Gericht zu einem im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenen Kostenfestsetzungsbeschuss (Erwägungsgrund 29 EuGFVO, §§ 104 ff. ZPO) ebenfalls eine Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) erteilen?
Ja,
Erwägungsgrund 33 EuGFVO.
Kann das Klageformblatt/das Urteil durch Aufgabe zur Post zugestellt werden?
Nein.
Eine Zustellung durch Aufgabe zur Post genügt nicht den Vorschriften des Art. 7 II S. 2, 13 EuGFVO, 13 - 15 EuMVVO (EU-Verordnung Nr. 1896/2006),
§ 1102 ZPO.
Darüber hinaus ist eine Zustellung durch Aufgabe zur Post in den EU-Mitgliedstaaten nicht zulässig, da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Vorschrift des § 184 ZPO keine Anwendung auf §§ 183 V, 1068, 1089 ZPO findet.
Eine Aufforderung zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten entfaltet keine Rechtswirkungen gegen den Zustellungsempfänger in einem anderen EU-Mitgliedstaat, vergl. Beschluss des BGH vom 02. 02. 2011 - VIII ZR 190/10 – und Beschluss des BGH vom 11. 05. 2011 - VIII ZR 114/10 -.
Ggfs. ist jedoch im Einzelfall eine Heilung nach Art. 18 EuGFVO möglich, falls die Schuldnerpartei eine effektive Verteidigungsmöglichkeit hatte.
Kann das Klageformblatt öffentlich zugestellt werden?
Nein.
Eine öffentliche Zustellung genügt nicht den Vorschriften der Art. 7 II S. 2, 13 EuGFVO i. V. m. Art. 13 - 15 EuMVVO, § 1102 ZPO.
Ggfs. ist jedoch im Einzelfall eine Heilung nach Art. 18 EuGFVO möglich, falls die Schuldnerpartei eine effektive Verteidigungsmöglichkeit hatte.
Kann das Urteil öffentlich zugestellt werden?
Nein.
Eine öffentliche Zustellung genügt nicht den Vorschriften der Art. 7 II S. 2, 13 EuGFVO i. V. m. Art. 13 - 15 EuMVVO, § 1102 ZPO.
Ggfs. ist jedoch im Einzelfall eine Heilung nach Art. 18 EuGFVO möglich, falls die Schuldnerpartei eine effektive Verteidigungsmöglichkeit hatte.
Können Zustellungsmängel i. S. d. Art. 13 EuGFVO geheilt werden?
Ja,
Art. 18 EuGFVO.
Eine Heilung der Zustellungsmängel ist möglich, sofern der Schuldnerpartei eine effektive Verteidigung möglich war.
In welchen Fällen kann zu dem Urteil keine gerichtliche Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) erteilt werden?
Überschreitet die Widerklage die festgesetzte Wertgrenze von 5.000 EUR, so wird das Verfahren nicht im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen sondern nach den deutschen Verfahrensvorschriften (Zivilprozessordnung) weitergeführt.
Dies hat zur Folge, dass zu dem Urteil keine Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) erteilt werden.
Dies gilt sowohl hinsichtlich des Anspruchs aus der Klage als auch des Anspruchs aus der Widerklage - unabhängig von der Tatsache, ob lediglich über die Klage oder/und Widerklage entschieden wurde.
Wird die Schuldnerpartei vor Erteilung der gerichtlichen Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) angehört?
Ja.
Gem. Art. 19 EuGFVO, § 1106 II ZPO wird die Schuldnerpartei angehört.
Kann ich die Ablehnung der Bestätigung anfechten?
Ja.
Die Gläubigerpartei kann den ablehnenden Beschluss mit der sofortigen Beschwerde anfechten, §§ 1106 II S. 2, 567 I, 569 I ZPO, 11 I RpflG.
Der Rechtspfleger ist abhilfebefugt.
Die Beschwerdefrist beträgt 2 Wochen.
Kann die Schuldnerpartei die gerichtliche Bestätigung anfechten?
Nein.
Im Gegensatz zu der Europäischen Vollstreckungstitel-Verordnung (Art. 10 EuVTVO) kann die gerichtliche Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) nicht angefochten werden.
Das Urteil ist aufgrund der Säumnis der Schuldnerpartei ergangen
(Art. 7 III EuGFVO).
Kann die Schuldnerpartei das Urteil in Deutschland nach den Vorschriften der Europäischen Bagatellverfahrensverordnung noch anfechten?
Ja.
Die Schuldnerpartei kann bei unverschuldeter Säumnis gem. Art. 18 EuGFVO einen Antrag auf Überprüfung des Urteils stellen.
Wann ist der Überprüfungsantrag ausreichend begründet?
Wann liegt eine unverschuldete Säumnis der Schuldnerpartei vor?
Die Schuldnerpartei kann den Überprüfungsantrag nur damit begründen, dass
- die tatsächliche Kenntnisnahme vom Klageformblatt oder von der Ladung unverschuldet verspätet erfolgte und sie daher keine Vorkehrungen für ihre Verteidigung treffen konnte (Art. 18 I a) EuGFVO)
oder
- aufgrund höherer Gewalt oder aufgrund außergewöhnlicher Umstände ohne eigenes Verschulden daran gehindert war, die Forderung zu bestreiten (Art. 18 I b) EuGFVO).
Muss die Schuldnerpartei den Überprüfungsantrag begründen?
Ja.
Die Schuldnerpartei trägt insoweit die Darlegungs- und Beweislast, §§ 1104 II, 294 ZPO.
Wo muss ich als Schuldnerpartei den Überprüfungsantrag stellen?
Der Antrag ist gem. Art. 18 EuGFVO bei dem Gericht, das den Schuldtitel erlassen hat, zu stellen.
Über den Antrag entscheidet der Richter.
Wie erfolgt die Antragstellung?
Die Antragstellung erfolgt schriftlich.
Ein EU-einheitliches Formblatt für den Überprüfungsantrag im Sinne d. Art. 18 EuGFVO ist nicht vorhanden.
Ist der Antrag fristgebunden?
Ja.
Die Frist für den Überprüfungsantrag beträgt 30 Tage, Art. 18 II EuGFVO.
Die Frist beginnt mit Kenntnisnahme vom Urteil, spätestens mit Beginn der Zwangsvollstreckung.
Eine Verlängerung der Frist ist ausgeschlossen, Art. 18 II EuGFVO.
Ob die Antragstellung im Einzelfall fristgerecht erfolgte, hängt u. a. vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme von dem Urteil und der Tatsache ab, ob die Schuldnerpartei von der Existenz des Überprüfungsantrags i. S. d. Art. 18 EuGFVO Kenntnis hatte.
(Rechtsmittelbelehrung i. S. d. Art. 18 EuGFVO im Urteil nach Art. 7 EuGFVO:
Belehrung des Gerichts über Frist für den Überprüfungsantrag i. S. d.
Art. 18 EuGFVO und über die Rechtsfolgen der Fristversäumnis erfolgt
(Bes. Belehrung über Frist des Art. 7 III EuGFVO und über die Rechtsfolgen der Fristversäumung (Art. 14 I EuGFVO)?).
In welchen Fällen ist die Antragstellung unzulässig?
Die Antragstellung nach Art. 18 EuGFVO ist jedoch unzulässig, sofern
- der Antrag nicht fristgerecht gestellt worden ist
oder
- die Schuldnerpartei zuvor keinen Rechtsbehelf gegen das Urteil eingelegt hat, obwohl sie die Möglichkeit dazu hatte (sog. „Rechtsbehelfsobliegenheit“).
In welchen Fällen weist das Gericht den Überprüfungsantrag zurück?
Das Gericht weist den Antrag zurück, falls
- der Überprüfungsantrag nicht unverzüglich gestellt worden ist (vergl. Art. 18 I EuGFVO)
oder
- kein Fall unverschuldeter Säumnis vorliegt.
Eine verschuldete Säumnis der Schuldnerpartei liegt vor, falls sie die Säumnis selbst verschuldet und zu vertreten hat ((sog. „verschuldete Säumnis“).
Rechtzeitige Kenntnisnahme von dem zuzustellenden Schriftstück rechtfertigt ebenso keinen Überprüfungsantrag.
Was sind die Rechtsfolgen der Antragsrückweisung?
Das Urteil bleibt in Kraft.
Was sind die Rechtsfolgen der antragsgemäßen Entscheidung?
Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Säumnis unverschuldet war, wird das Urteil kraft Gesetzes nichtig, Art. 18 II S. 2 EuGFVO.
Einer Aufhebung des Urteils bedarf es nicht.
Kann die Schuldnerpartei einen Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Entscheidung stellen?
Ja.
Das Gericht stellt auf Antrag die Nichtigkeit des Urteils aufgrund unverschuldeter Säumnis der Schuldnerpartei durch Beschluss fest, § 1104 I S. 2 ZPO.
Die Schuldnerpartei hat jedoch die unverschuldete Säumnis glaubhaft zu machen.
Welche Unterlagen muss ich dem ausl. Vollstreckungsorgan vorlegen?
Die von der Gläubigerpartei vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 21 II EuGFVO:
- Ausfertigung des deutschen Urteils mit Zustellungsbescheinigung,
- Ausfertigung der gerichtlichen Bestätigung (Formblatt D EuGFVO),
- ggfs. Übersetzung der Unterlagen in der erforderlichen Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats.
In der Regel ist die Beifügung von Übersetzungen nicht erforderlich, da es sich bei der gerichtlichen Bestätigung um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschriften und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.
Eine Übersetzung ist daher nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich, vergl. Art. 21 II b), 25 I d) EuGFVO., Erwägungsgrund 19 Änderungsverordnung.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Vollstreckungsklausel zum Urteil?
Nein.
Es bedarf grundsätzlich nicht der Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des deutschen Schuldtitels gegenüber dem ausl. Vollstreckungsorgan, da die Vollstreckungsklausel insoweit durch die gerichtliche Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) ersetzt wird.
Ob trotz der Vorlage der gerichtlichen Bescheinigung im Einzelfall die Erteilung der Vollstreckungsklausel nach §§ 724, 726, 727 ff, (794 I, 795) ZPO zu dem Urteil erforderlich ist, hängt jedoch gem. Art. 21 I EuGFVO von den jeweiligen Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab (Parallelbestimmung zu § 1107 ZPO?).
Dennoch ist die Vorlage der vollstreckbaren Urteilsausfertigung des Schuldtitels hilfreich, da diese als Nachweis des Bestehens der titulierten Forderung dient.
Zahlungen und Teilzahlungen werden vom Gerichtsvollzieher auf dem vollstreckbaren Schuldtitel vermerkt, §§ 757 I, (794 I, 795) ZPO.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine (gesonderte) Bescheinigung über die Zustellung des Urteils an die Schuldnerpartei?
Nein.
Da das Urteil gem. § 1102 ZPO durch Zustellung erlassen wird, enthält dieses bereits einen entsprechenden Zustellungsvermerk, vergl. auch Art. 7 II S. 2, 13, 21 II EuGFVO.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Bescheinigung über die Zustellung der gerichtlichen Bestätigung (Formblatt D EuGFVO) an die Schuldnerpartei?
Nein.
Weder der europäische Gesetzgeber (Art. 20 ff. EuGFVO) noch der deutsche Gesetzgeber (§§ 1105 ff. ZPO) verlangen die Zustellung der Bestätigung an die Schuldnerpartei.
Ob die Vorlage einer Zustellungsbescheinigung erforderlich ist, hängt letztlich von den nationalen Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab, Art. 21 I EuGFVO.
In welchen Fällen kann die zuständige Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat die Zwangsvollstreckung verweigern?
Gem. Art. 22 EuGFVO wird auf Antrag der Schuldnerpartei die Zwangsvollstreckung bei Titelkollision (Unvereinbarkeit des deutschen Bagatellurteils mit einem anderen früheren Urteil) verweigert, falls die Schuldnerpartei den Kollisionseinwand im Erkenntnisverfahren nach den deutschen Verfahrensvorschriften (Zivilprozessordnung) in Deutschland nicht geltend machen konnte.
In welchen Fällen kann die zuständige Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem deutschen Urteil beschließen?
Gem. Art. 23 EuGFVO kann die zuständige Behörde des Vollstreckungsmitgliedstaates auf Antrag der Schuldnerpartei die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beschließen, falls
- die Schuldnerpartei das Bagatellurteil in Deutschland angefochten hat,
- eine Anfechtung des Bagatellurteils in Deutschland noch möglich ist
oder
- die Schuldnerpartei in Deutschland einen Überprüfungsantrag nach Art. 18 EuGFVO gestellt hat.
Die zuständige Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat kann auch stattdessen die Zwangsvollstreckung auf Sicherungsmaßnahmen beschränken oder eine Sicherheitsleistung anordnen.
In welchen Fällen kann die Schuldnerpartei materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch (Erfüllung, Erlass, Aufrechnung) erheben?
Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch können im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden, §§ 1109, 1086 ZPO.
Diese sind jedoch nur zulässig, soweit die Einwendungen erst nach Erlass des Urteils entstanden sind und mit Berufung gegen das Urteil nicht mehr geltend gemacht werden können.
Welche Besonderheiten muss ich bei der Zwangsvollstreckung in Österreich beachten?
Bitte beachten Sie, dass zur Durchführung der Zwangsvollstreckung in Österreich ein Exekutionsantrag erforderlich ist.
- Zwangsvollstreckungsverfahren in Österreich
Informationen aus dem österreichischen Justizportal
- elektronische Formulare
Exekutionsantrag.
- Angaben der EU-Mitgliedstaaten zur EU-Verordnung Nr. 861/2007
Für weitere Informationen zu dem gewünschten EU-Mitgliedstaat klicken Sie bitte auf die betreffende Fahne.
- Angaben der EU-Mitgliedstaaten zur Zwangsvollstreckung:
Für weitere Informationen zu dem gewünschten EU-Mitgliedstaat
klicken Sie bitte auf die betreffende Fahne.
- Europäische Bagatellverfahrensverordnung (EuGFVO)
EU-Verordnung Nr. 861/2007 (Small-Claims-Verordnung)
- Änderungsverordnung vom 16.12.2015
EU-Verordnung Nr. 2015/2421
- Formulare
- Praktischer Leitfaden zum Europäischen Bagatellverfahren
Infobroschüre der Europäischen Kommission zum Europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen
- Leitfaden für Anwender des Europäischen Bagatellverfahrens
Infobroschüre der Europäischen Kommission für Anwender des Europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen
- Europäisches Verzeichnis der Gerichtsvollzieher
Brüssel I-Verordnung (Brüssel I-VO)- Altfälle -
EU-Verordnung Nr. 44/2001 (VO (EU) Nr. 44/2001)
Warum kann ich nicht in Altfällen aus der deutschen Entscheidung/dem deutschen Vergleich unmittelbar die Zwangsvollstreckung in den anderen
EU-Mitgliedstaaten betreiben?
Da die EU-Verordnung Nr. 1215/2012 (Brüssel Ia-Verordnung) erst ab 10.01.2015 gilt, werden in Altfällen deutsche Schuldtitel, die zuvor nicht als Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen bestätigt worden sind, im
EU-Ausland nicht automatisch anerkannt.
Die Gläubigerpartei muss zunächst ein bes. Zwischenverfahren für die Anerkennung in dem anderen EU-Mitgliedstaat (bekannt als „Exequaturverfahren“) beantragen.
Mit anderen Worten:
Die Vollstreckung aus der Entscheidung/dem Vergleich in Polen ist erst möglich, nachdem ein polnisches Gericht erklärt hat, dass der deutsche Schuldtitel in Polen vollstreckbar ist.
Die Vollstreckbarerklärungsverfahren (Exequaturverfahren) verursachen zusätzliche Kosten und können sogar in Einzelfällen zu einer Ablehnung der Anerkennung durch den betroffenen EU-Mitgliedstaat führen.
Die bisherige Regelung aus dem Brüsseler Übereinkommen bzw. Lugano-Übereinkommen (Urkundenvorlage nach Art. 47 Zi. 1, (50, 51) EuGVÜ/LugÜ) wurde durch die Vorlage der Bescheinigung (Formblatt V VO (EU) Nr. 44/2001) ersetzt.
Diese Neuregelung in der EU-Verordnung Nr. 44/2201 stellt eine wesentliche Vereinfachung der Verfahrensförmlichkeiten für die Gläubigerpartei dar und dient der Verkürzung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens.
Wie ist der sachliche Anwendungsbereich der Brüssel I-Verordnung in den Altfällen?
Die EU-Verordnung Nr. 44/2001 ist in grenzüberschreitenden Zivil- und Handelssachen einschl. Arbeitsgerichtssachen in Altfällen anzuwenden.
Sie findet jedoch u. a. keine Anwendung auf
- Erbrechtssachen,
- Unterhaltssachen,
- vermögensrechtliche Streitigkeiten zwischen Eheleuten während der Ehe oder nach Trennung oder Scheidung,
- Zollsachen.
Wie ist der zeitliche Anwendungsbereich der Brüssel I-Verordnung im Verhältnis zu Deutschland in Altfällen?
Welcher Zeitpunkt ist hierbei maßgebend?
In welchen Fällen kann das Gericht in Altfällen eine Bescheinigung
(Formblatt V VO (EU) Nr. 44/2001) erteilen?
Die Brüssel I-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 44/2001) ist aufgehoben und am 10.01.2015 durch die Brüssel Ia-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1215/2012 (EuGVVO)) ersetzt worden.
Im Verhältnis zu Deutschland findet die EU-Verordnung Nr. 44/2001 in Altfällen Anwendung für den Zeitraum vom 01.03.2002 bis 09.01.2015, Art. 76 VO (EU) Nr. 44/2001, Art. 66 II EuGVVO.
Für den zeitlichen Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 44/2001 ist
- hinsichtlich des Anfangszeitpunkts der Zeitpunkt der Errichtung des Schuldtitels (gerichtliche Entscheidung/Vergleich)
und
- hinsichtlich des Endzeitpunkts der Zeitpunkt der Errichtung des Vergleichs
bzw.
des gerichtlichen Beschlusses aufgrund schriftlichen Vergleichsvorschlags der Verfahrensbeteiligten oder das Datum der Verfahrenseinleitung bei gerichtlichen Entscheidungen
maßgebend.
Zu den ab 01.03.2002 und bis zum 09.01.2015 errichteten deutschen Schuldtiteln sowie zu gerichtlichen Entscheidungen, dessen Verfahrenseinleitung noch vor dem 09.01.2015 erfolgte, kann daher eine Bescheinigung (Formblatt V VO (EU) Nr. 44/2001) erteilt werden.
Die Vorschriften der Art. 66, 76 VO (EU) Nr. 44/2001 sind dahingehend auszulegen, dass sich das Vollstreckbarerklärungsverfahren jedoch nur dann nach der Brüssel I-Verordnung richtet, wenn der Schuldtitel sowohl im Ursprungsmitgliedstaat (Deutschland) als auch im Vollstreckungsmitgliedstaat im Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 44/2001 fällt, vergl. Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21.06.2012 - C 514/10 -.
Wie ist der zeitliche und örtliche Anwendungsbereich der Brüssel I-Verordnung im Verhältnis zum Vollstreckungsmitgliedstaat?
Die EU-Verordnung Nr. 44/2001 findet in Altfällen Anwendung auf die ab 01. 03. 2002 bzw. ab dem EU-Beitritt ergangenen Entscheidungen und geschlossenen oder bestätigten Vergleiche
Nach dem am 19. 10. 2005 in Brüssel unterzeichneten Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark findet die
Brüssel I-Verordnung im Verhältnis zu
- Dänemark
Anwendung auf die ab 01. 07. 2007 erlassenen Entscheidungen und geschlossenen oder bestätigten Vergleiche.
Das vorgenannte Abkommen ist am 01. 07. 2007 in Kraft getreten, vergl. Art. 12 II des vorgenannten Abkommens und Unterrichtung über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des vorgenannten Abkommens im Amtsblatt der EU Nr. L 94/70 vom 04. 04. 2007.
Den genauen Zeitpunkt der Errichtung des deutschen Schuldtitels bzw. der Verfahrenseinleitung hinsichtlich der deutschen Entscheidung, für den/die eine gerichtliche Bescheinigung (Formblatt V VO (EU) Nr. 44/2001) für das ausl. Vollstreckbarerklärungsverfahren benötigt wird, entnehmen Sie daher bitte der anl. Übersicht:
Vollstreckungsmitgliedstaat (EU-Mitgliedstaat, in dem das Vollstreckbarerklärungsverfahren und sodann die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll): |
zeitlicher Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 44/2001 für den deutschen Schuldtitel: |
---|---|
Belgien | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Bulgarien | 01.01.2007 - 09.01.2015 |
Dänemark | 01.07.2007 - 09.01.2015 |
Estland | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Finnland | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Frankreich | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Griechenland | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Irland | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Italien | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Kroatien | 01.07.2013 - 09.01.2015 |
Lettland | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Litauen | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Luxemburg | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Malta | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Niederlande | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Österreich | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Polen | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Portugal | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Rumänien | 01.01.2007 - 09.01.2015 |
Schweden | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Slowakei | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Slowenien | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Spanien | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Tschechische Republik | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Ungarn | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Vereinigtes Königreich | 01.03.2002 - 09.01.2015 |
Zypern | 01.05.2004 - 09.01.2015 |
Welche Rechtsvorschriften finden in den Altfällen, die zeitlich nicht in den Anwendungsbereich der EU-Verordnung Nr. 44/2001 fallen, Anwendung?
bzw.
Wie erfolgt die Zwangsvollstreckung in diesen Altfällen?
Hinsichtlich der Altfälle, die zeitlich nicht in den Anwendungsbereich der Brüssel I-Verordnung fallen, findet dagegen das Vollstreckbarerklärungsverfahren nach den sonstigen Rechtsvorschriften (in der Regel Brüsseler Übereinkommen (EuGVÜ) oder/und Lugano-Übereinkommen (LugÜ)) statt.
Welche Rechtsvorschriften in den vorgenannten Altfällen Anwendung finden, ergibt sich aus dem Länderteil der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO).
Wie und von wem erhalte ich die gerichtliche Bescheinigung (Formblatt V Brüssel I-VO) zu dem deutschen Schuldtitel?
Die Erteilung der vorgenannten Bescheinigung bedarf eines Antrags.
Der Antrag kann jederzeit an das Gericht, das den Schuldtitel erlassen hat, gestellt werden.
Dieser kann sogar bereits in dem verfahrenseinleitenden Schriftstück (Klageschrift, Kostenfestsetzungsantrag) gestellt werden.
Der Antrag unterliegt keinem Anwaltszwang, § 78 III ZPO bzw. § 13 RpflG.
Die Bescheinigung (Formblatt V VO (EU) Nr. 44/2001) dient als Nachweis für die Vollstreckbarkeit des Schuldtitels in Deutschland.
Die Erteilung der Bescheinigung erfolgt durch den Rechtspfleger oder die Serviceeinheit des Gerichts;
sie obliegt demjenigen, dem die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels obliegt, § 57 AVAG a. F.
Das Formblatt V VO (EU) Nr. 44/2001 steht in allen Amtssprachen der EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Justizportal online zur Verfügung.
In welchen Fällen kann die gerichtliche Bescheinigung (Formblatt V Brüssel I-VO) erteilt werden?
Das Gericht erteilt die Bescheinigung (Formblatt V VO (EU) Nr. 44/2001), sofern
- der Schuldtitel im Anwendungsbereich der Brüssel I-Verordnung fällt,
- der Schuldtitel einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat
und
- die Voraussetzungen für die Erteilung einer Vollstreckungsklausel vorliegen.
Kann das Gericht zu dem Kostenfestsetzungsbeschluss ebenfalls eine Bescheinigung (Formblatt V Brüssel I-VO) erteilen?
Ja.
Kann das Gericht eine Bescheinigung (Formblatt V Brüssel I-VO) zu dem Kostenfestsetzungsbeschluss erteilen, falls der Kostenfestsetzungsantrag der Schuldnerpartei nicht zugestellt worden ist?
Genügt insoweit nicht die Zustellung der Klageschrift/des Mahnbescheids an die Schuldnerpartei?
Ja,
da der Schuldtitel in Deutschland vollstreckbar ist.
Fraglich ist, ob das ausl. Gericht im Rechtsbehelfsverfahren die Vollstreckbarerklärung des deutschen Schuldtitels wegen der fehlenden Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks (= Kostenfestsetzungsantrag) versagt oder aufhebt.
Die Zustellung der Klageschrift/des Mahnbescheids genügt nicht.
Obwohl nach den deutschen Prozessvorschriften die Zustellung des Kostenfestsetzungsantrags nicht zwingend erforderlich ist, bedarf es für die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung gleichwohl der Zustellung, vergl. Art. 34 Zi. 2 VO (EU) Nr. 44/2001.
Ggfs. ist im Einzelfall eine Heilung des
Zustellungsmangels nach Art. 34 Zi. 2 VO (EU) Nr. 44/2001 möglich, falls der rechtzeitige Zugang des Kostenfestsetzungsantrags an die Schuldnerpartei nachgewiesen ist (z. B. Angaben der Schuldnerpartei).
Eine Heilung ist ebenfalls möglich, falls der Kostenfestsetzungsantrag gleichzeitig mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss der Schuldnerpartei zugegangen bzw. zugestellt worden ist und die Schuldnerpartei keinen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung eingelegt hat.
Kann das Gericht eine Bescheinigung (Formblatt V Brüssel I-VO) zu dem Versäumnisurteil/Kostenfestsetzungsbeschluss erteilen, falls diese lediglich durch Aufgabe zur Post zugestellt worden sind?
Ja,
da der Schuldtitel in Deutschland vollstreckbar ist.
Eine Zustellung durch Aufgabe zur Post ist in den anderen EU-Mitgliedstaten nicht zulässig, da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Vorschrift des § 184 ZPO keine Anwendung auf §§ 183 V, 1068, 1089 ZPO findet.
Eine Aufforderung zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten entfaltet keine Rechtswirkungen gegen den Zustellungsempfänger in einem anderen EU-Mitgliedstaat, vergl. Beschluss des BGH vom 02. 02. 2011 - VIII ZR 190/10 - und Beschluss des BGH vom 11. 05. 2011 - VIII ZR 114/10 -.
Ggfs. ist die Zustellung der Entscheidung mit Beginn der Zwangsvollstreckung nachzuholen.
Kann das Gericht eine Bescheinigung (Formblatt V Brüssel I-VO) zu dem Versäumnisurteil/Kostenfestsetzungsbeschluss erteilen, falls das verfahrenseinleitende Schriftstück öffentlich zugestellt worden ist?
Ja,
da der Schuldtitel in Deutschland vollstreckbar ist.
Fraglich ist, ob das ausl. Gericht im Rechtsbehelfsverfahren die Vollstreckbarerklärung des deutschen Schuldtitels wegen der öffentlichen Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks versagt oder aufhebt.
Grundsätzlich ist eine fiktive Zustellung (z. B. öffentliche Zustellung) ohne Hinzukommen weiterer Umstände im Einzelfall niemals rechtzeitig.
Ist es der Schuldnerpartei jedoch als Pflichtverletzung gegenüber der Gläubigerpartei zurechenbar, dass sie ihre neue Anschrift nicht bekanntgegeben hat, ist dagegen eine öffentliche Zustellung rechtzeitig bzw. wird diese als rechtzeitig angesehen.
Dies ist jedoch in der Regel nur dann der Fall, wenn die Schuldnerpartei mit der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens rechnen musste.
Wird die Schuldnerpartei vor Erteilung der gerichtlichen Bescheinigung (Anhang V Brüssel I-VO) angehört?
Nein.
Weder die Brüssel I-Verordnung noch das Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz sehen eine Anhörung der Schuldnerpartei vor.
Welche Kosten entstehen für die Erteilung der gerichtlichen Bescheinigung (Formblatt V Brüssel I-VO)?
Für die Erteilung der vorgenannten Bescheinigung (Formblatt V VO (EU) Nr. 44/2001) wird vom Gericht gem. KV Nr. 1512 GKG i. V. m. § 57 AVAG a. F. eine Gebühr in Höhe von 17 EUR erhoben.
Kann ich die ablehnende Entscheidung anfechten?
Ja.
Gegen die Zurückweisung des Antrags auf Erteilung der Bescheinigung durch die Service-Einheit des Gerichts kann die Gläubigerpartei befristete Erinnerung
gem. § 573 I ZPO einlegen.
Die Service-Einheit ist abhilfebefugt, §§ 573 I S. 3, 572 I ZPO.
Die Beschwerdefrist beträgt 2 Wochen.
Hat dagegen der Rechtspfleger den Antrag zurückgewiesen, kann die Gläubigerpartei sofortige Beschwerde gem. §§ 567 ZPO, 11 I RpflG einlegen.
Der Rechtspfleger ist abhilfebefugt.
Die Beschwerdefrist beträgt 2 Wochen.
Die Bescheinigung ist zu Unrecht erfolgt.
Kann die Schuldnerpartei die Bescheinigung anfechten?
Ja,
mit der unbefristeten Erinnerung gem. §§ 57 S. 4 AVAG, 732 ZPO.
Die Service-Einheit bzw. der Rechtspfleger ist abhilfebefugt.
Welches ausl. Gericht ist für die Vollstreckbarerklärung der deutschen Entscheidung/des deutschen Vergleichs zuständig?
Hinsichtlich der Vollstreckbarerklärung ergibt sich die Zuständigkeit aus Art. 39 (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Welche Unterlagen muss ich dem ausl. Gericht vorlegen?
Die im Vollstreckbarerklärungsverfahren vorzulegenden Unterlagen ergeben sich aus Art. 50, 53 und 55 (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Die Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung sieht 2 Wege vor, die zur (vereinfachten) Vollstreckbarerklärung führen:
- die Registrierung der Entscheidung/des Vergleichs im Vereinigten Königreich,
- in allen anderen EU-Mitgliedstaaten:
die Erteilung der besonderen Vollstreckungsklausel durch das ausländische Gericht.
In beiden Fällen sind vorzulegen:
- Ausfertigung der Entscheidung/des Vergleichs,
- gerichtliche Bescheinigung gem. Art. 54, (58) VO (EU) Nr. 44/2001(Formblatt V VO (EU) Nr. 44/2001),
- ggfs. Ausfertigung des deutschen Prozesskostenhilfebeschlusses,
- sowie ggfs. auf Verlangen des ausländischen Gerichts -:
eine Übersetzung der Unterlagen in der Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats.
Der Vorlage der Bescheinigung über die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks/des gleichwertigen Schriftstücks zu der Säumnisentscheidung bedarf es nicht.
In der Regel ist die Beifügung einer Übersetzung der Eintragungen in der Bescheinigung nicht erforderlich, da es sich bei der Bescheinigung um ein EU-einheitliches Formular handelt und die erforderlichen Angaben durch Eintragung von Namen, Anschriften und Zahlen sowie durch Ankreuzen von Kästchen erfolgt.
Eine Übersetzung ist daher ggfs. nur bei ergänzenden Eintragungen erforderlich.
Die Beifügung einer Übersetzung des Schuldtitels ist in der Regel nicht erforderlich, Art. 55, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Nicht erforderlich ist die Legalisation der erforderlichen Urkunden bzw. die Erteilung einer Apostille zu den erforderlichen Urkunden, Art. 56, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren eine Vollstreckungsklausel zum Schuldtitel?
Nein.
Die Vorlage des Schuldtitels in Ausfertigung reicht aus, Art. 53, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Benötige ich für das ausl. Vollstreckbarerklärungsverfahren eine gerichtliche Bescheinigung (Formblatt V Brüssel I-VO zu dem deutschen Schuldtitel?
Ja,
Art. 53, 54, (58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren eine Bescheinigung über die Zustellung der Entscheidung/des Vergleichs an die Schuldnerpartei?
ein.
Nach der Brüssel I-Verordnung ist die Zustellung des Schuldtitels an die Schuldnerpartei keine Vorbedingung für das Vollstreckbarerklärungsverfahren, Art. 42 II, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Da nach deutschem Recht die Zustellung lediglich Vorbedingung für den Beginn der Zwangsvollstreckung (s. §§ 750 I, (794 I, 795) ZPO) und nicht Vollstreckbarkeitsbedingung ist, bedarf es insoweit nicht der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu dem deutschen Schuldtitel.
Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren eine Bescheinigung über die Zustellung der gerichtlichen Bescheinigung (Formblatt V Brüssel I-VO) an die Schuldnerpartei?
Nein.
Weder die Brüssel I-Verordnung noch das Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz sehen eine Zustellung der Bescheinigung an die Schuldnerpartei vor.
Benötige ich für das Vollstreckbarerklärungsverfahren einen Nachweis über den Bedingungseintritt der Zwangsvollstreckung oder die Vollstreckbarkeit der Entscheidung/des Vergleichs für oder gegen Rechtsnachfolger?
Ja.
Hängt die Zwangsvollstreckung von
- einer Sicherheitsleistung der Gläubigerpartei,
- dem Ablauf einer Frist,
- dem Eintritt einer anderen Tatsache bzw. anderen Bedingung (z. B.: Gegenleistung der Gläubigerpartei bei Verurteilung (Verpflichtung) der Schuldnerpartei Zug um Zug)
ab, oder wird die Erteilung einer Vollstreckungsklausel für oder gegen eine andere Person als die in der Entscheidung/dem Vergleich genannten Person beantragt, so bedarf es ggfs. des entsprechenden Nachweises.
Für die Frage des Nachweises über den Bedingungseintritt oder die Vollstreckbarkeit für oder gegen Rechtsnachfolger ist im Regelfall nach den nationalen Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaats das Recht des Herkunftslandes maßgebend.
Was habe ich im Vollstreckbarerklärungsverfahren zu beachten?
Wie ist der Verfahrensablauf?
Mögliche Versagungsgründe/Aufhebungsgründe im Rechtsbehelfsverfahren nach Art. 43, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 oder 44, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 ergeben sich aus Art. 34, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 und 35 VO (EU) Nr. 44/2001.
Ggfs. hat die Gläubigerpartei nach den nationalen Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaats einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen, Art. 40 II, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Ist der Gläubigerpartei in Deutschland Prozesskostenhilfe bewilligt worden, so genießt sie insoweit die günstigste Behandlung, die das Recht des Vollstreckungsmitgliedstaates vorsieht, Art. 50, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Für die Anerkennung bzw. Vollstreckung einer deutschen Säumnisentscheidung (Vollstreckungsbescheid, Versäumnisurteil bzw. sonstige Entscheidung im Säumnisverfahren, Kostenfestsetzungsbeschluss bzw. Vergütungsfestsetzungsbeschluss) ist in Hinblick auf Art. 34 Zi. 2 VO (EU) Nr. 44/2001 die rechtzeitige Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks
(Antragsschrift/Klageschrift unter Fristsetzung, Kostenfestsetzungsantrag unter Fristsetzung)
oder
gleichwertiger Schriftstücke
(Belehrung unter Fristsetzung, Ladung, Mahnbescheid, Vergütungsfestsetzungsantrag unter Fristsetzung)
an die Schuldnerpartei erforderlich - und zwar unabhängig davon, ob nach den deutschen Verfahrensvorschriften (§ 184 ZPO bzw. § 270 ZPO) eine Zustellung vorgeschrieben ist.
Ansonsten kann ggfs. die deutsche Entscheidung weder im EU-Ausland anerkannt noch vollstreckt werden.
In welchen Fällen wird der Schuldtitel für vollstreckbar erklärt?
Der Schuldtitel wird im Regelfall für vollstreckbar erklärt, falls
- die Entscheidung/der Vergleich im Anwendungsbereich der
Brüssel I-Verordnung fällt, - der Schuldtitel in Deutschland vollstreckbar ist
und
- die Gläubigerpartei die nach Art. 53, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat.
Die Bescheinigung (Formblatt V VO (EU) Nr. 44/2001) begründet keine unwiderlegbare Vermutung für die Richtigkeit der in ihr enthaltenen Tatsachen.
Die Schuldnerpartei kann im Rechtsbehelfsverfahren nach Art. 43 ff., (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 gegenüber dem ausl. Gericht die Unrichtigkeit darlegen und mit allen zulässigen Beweismitteln beweisen.
In welchen Fällen wird die Entscheidung nicht für vollstreckbar erklärt?
Die Exequaturverweigerungsgründe im Sinne des Art. 34, 35 VO (EU) Nr. 44/2001 bleiben zunächst unberücksichtigt, Art. 41, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001;
diese werden erst auf den Rechtsbehelf der Schuldnerpartei (Art. 43, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001) im Rechtsbehelfsverfahren vom ausl. Gericht geprüft.
Das ausl. Gericht versagt im Rechtsbehelfsverfahren die Vollstreckbarerklärung des deutschen Schuldtitels/hebt die Vollstreckbarerklärung in folgenden Fällen auf:
- Verstoß gegen die öffentliche Ordnung (ordre public), Art. 34 Zi. 1, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001,
- Verletzung rechtlichen Gehörs der Schuldnerpartei,
Art. 34 Zi. 2 VO (EU) Nr. 44/2001, - Unvereinbarkeit der Entscheidung mit einer anderen Entscheidung (Titelkollision), Art. 34 Zi. 3 oder Zi. 4 VO (EU) Nr. 44/2001,
- Verstoß gegen die Zuständigkeitsregeln für Versicherungs- und Verbrauchersachen, Art. 35 I VO (EU) Nr. 44/2001,
- Verstoß gegen die Zuständigkeitsregeln für ausschließliche Zuständigkeiten, Art. 35 I VO (EU) Nr. 44/2001.
Art. 34 Zi. 2 VO (EU) Nr. 44/2001 dient dem Schutz des rechtlichen Gehörs der Schuldnerpartei.
Auf die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung kommt es im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens nicht an.
Nach dem Willen des Verordnungsgebers soll ein bloß formaler und für die Verteidigungsmöglichkeiten der Schuldnerpartei unmaßgeblicher Zustellungsfehler nicht dazu führen, die Anerkennung oder Vollstreckung einer Säumnisentscheidung zurückzuweisen.
Entscheidend ist daher, ob die Schuldnerpartei das verfahrenseinleitende Schriftstück rechtzeitig und so erhalten hat, dass ihr die Verteidigung möglich war.
Art. 34 Zi. 3 und 4 VO (EU Nr. 44/2001 regeln den Fall der Titelkollision.
Sind die Schuldtitel unvereinbar, ist die Vollstreckbarerklärung zu versagen.
Art. 35 I VO (EU) Nr. 44/2001 regelt die Ausnahmefälle für die Nachprüfung der internationalen Zuständigkeit.
Gem. Art. 35 II VO (EU) Nr. 44/2001 ist das ausl. Gericht jedoch an die tatsächliche Feststellung des deutschen Gerichts hinsichtlich der Zuständigkeit gebunden.
Die Vorschrift des Art. 35 II VO (EU) Nr. 44/2001 verhindert Verzögerungen durch Zuständigkeitsrügen, die die Schuldnerpartei bereits im Verfahren vor dem deutschen Gericht hätte vorbringen können.
In welchen Fällen kann die Schuldnerpartei sich nicht auf den Versagungs-grund des Art. 34 Zi. 2 VO (EU) Nr. 44/2001 (Verletzung des rechtlichen Gehörs) berufen?
Die Schuldnerpartei kann die Verletzung des rechtlichen Gehörs im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht geltend machen, falls sie gegen die Entscheidung in Deutschland einen Rechtsbehelf/ein Rechtsmittel hätte einlegen können, hiervon aber keinen Gebrauch gemacht hat.
Wird die Schuldnerpartei im erstinstanzlichen Vollstreckbarerklärungsverfahren angehört?
Nein,
Art. 41 (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Eine Anhörung der Schuldnerpartei findet im Regelfall erst im Rechtsbehelfsverfahren statt, Art. 43 III (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Was sind die Rechtsfolgen der Anfechtung des deutschen Schuldtitels für das Vollstreckbarerklärungsverfahren?
Keine.
Die Brüssel I-Verordnung sieht keine ausdrückliche Regelung für den Fall der Anfechtung des zu vollstreckenden Schuldtitels vor.
Sie regelt lediglich die Aussetzung der Vollstreckung, wenn die Vollstreckung bereits im Ursprungsmitgliedstaat ausgesetzt ist.
Das mit dem Rechtsbehelf nach Art. 43, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 oder Art. 44, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 befasste ausl. Gericht kann das Vollstreckbarerklärungsverfahren auf Antrag der Schuldnerpartei aussetzen, falls die Vollstreckung des Schuldtitels in Deutschland wegen der Einlegung eines Rechtsbehelfs/eines Rechtsmittels einstweilen eingestellt worden ist, Art. 46, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001.
Welche Unterlagen benötige ich in Altfällen für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat?
Um aus dem deutschen Schuldtitel die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat einleiten zu können, benötigt die Gläubigerpartei in Altfällen folgende Unterlagen:
- (vollstreckbare) Ausfertigung der Entscheidung/des Vergleichs
-ggfs. mit Zustellungsbescheinigung -
sowie
- die Vollstreckbarerklärung der Entscheidung/des Vergleichs durch das ausl. Gericht
- ggfs. mit Zustellungsbescheinigung -.
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Vollstreckungsklausel zu dem deutschen Schuldtitel?
Ja.
In Hinblick auf Art. 38 I (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 wird im Regelfall eine vollstreckbare Ausfertigung des Schuldtitels benötigt.
Ob für die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels erforderlich ist, hängt jedoch letztlich von den jeweiligen Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab (Parallelvorschriften zu §§ 4 I, 9 AVAG, 750, (794 I, 795) ZPO?).
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Bescheinigung über die Zustellung der Entscheidung/des Vergleichs an die Schuldnerpartei?
Ja.
In Hinblick auf Art. 42 II, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 bedarf es der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu dem deutschen Schuldtitel.
Ggfs. reicht eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung aus.
Ob die Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu dem Schuldtitel erforderlich ist, hängt jedoch letztlich von den jeweiligen Verfahrensvorschriften des
Vollstreckungsmitgliedstaates ab (Parallelvorschriften zu §§ 10 I AVAG, 750 I, (794 I, 795) ZPO?).
Benötige ich für die Zwangsvollstreckung in einem anderen EU-Mitgliedstaat eine Bescheinigung über die Zustellung der Vollstreckbarerklärung an die Schuldnerpartei?
Ja.
In Hinblick auf Art. 42 II, (57, 58) VO (EU) Nr. 44/2001 bedarf es der Vorlage einer Zustellungsbescheinigung zu der Vollstreckbarerklärung.
Eine Zustellung mit Beginn der Zwangsvollstreckung reicht aus.
Ob für die grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung die Vorlage einer Zustellungsbescheinigung erforderlich ist, hängt jedoch letztlich von den jeweiligen Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates ab (Parallelvorschriften zu § 10 I AVAG?).
Welche Besonderheiten muss ich für die Zwangsvollstreckung in Österreich beachten?
Bitte beachten Sie, dass zur Durchführung der Zwangsvollstreckung in Österreich ein Exekutionsantrag erforderlich ist.
- Zwangsvollstreckungsverfahren in Österreich
Informationen aus dem österreichischen Justizportal
- elektronische Formulare
Exekutionsantrag.
Welche Besonderheiten muss ich in Altfällen für die Zwangsvollstreckung im Vereinigten Königreich beachten?
Bitte beachten Sie, dass Sie zunächst den deutschen Schuldtitel für die Zwangsvollstreckung im Vereinigten Königreich registrieren lassen.
Die Vollstreckbarerklärung im Vereinigten Königreich erfolgt durch Registrierung des Schuldtitels in England, Nordirland, Schottland oder Wales.
- Angaben der EU-Mitgliedstaaten zur Brüssel I-Verordnung
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- Angaben der EU-Mitgliedstaaten zur Zwangsvollstreckung:
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- Brüssel I-Verordnung (VO (EU) Nr. 44/2001)
EU-Verordnung Nr. 44/2001 (Brüssel I-VO)
- Formulare
- Europäisches Verzeichnis der Gerichtsvollzieher